Bunker in der Pallasstraße

Kleine Anfrage, Martin Rutsch (LINKE)

Sehr geehrter Herr Böltes,

die o. g. Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

1. Wie wird der Hochbunker in der Pallasstraße derzeit genutzt?

Antwort:

Der Hochbunker in der Pallasstraße wird vom Fachbereich Kunst, Kultur, Museen derzeit für historische Führungen im Rahmen der Reihe „Bezirkstouren“ genutzt.

 

2. Welche Nutzungen gab es seit Ende des Krieges in dem Gebäude?

Antwort:

Der Bunker wurde von 1943-45 von Zwangsarbeiter_innen errichtet. Der unvollendete Rohbau des vierstöckigen Hochbunkers, der als Schutzraum für das Fernmeldeamt in der Winterfeldtstraße dienen sollte, blieb nach 1945 vorerst ungenutzt. 1948 wurden Sprengungen im Inneren des Hochbunkers vorgenommen, welche nicht den gesamten Bunker, aber große Teile der Treppenanlagen und Zwischendecken zerstörten. Anschließend ging der Hochbunker 1949 in den Besitz des Bezirks Schöneberg über, der das Gelände 1950 räumen und die Eingänge zumauern ließ.

Eine erneute Nutzung erfolgte ab Oktober 1986. Einer Anordnung der Alliierten Kommandantur vom 01. Oktober 1965 folgend wurde der Hochbunker bis 1989 zur größten Zivilschutzanlage Berlins ausgebaut. Die geplante Kapazität des Hochbunkers wurde mit 4.800 Schutzplätzen veranschlagt. Der Ausbau erfolgte gegen den ausdrücklichen Wunsch der BVV Schöneberg.

Am 05. Mai 2002 wurde ein Ort der Erinnerung für die beim Bunkerbau eingesetzten Zwangsarbeiter_innen eingeweiht. In einem Beschluss vom 18. Februar 2009 forderte die BVV Tempelhof-Schöneber,g den Hochbunker unter Denkmalschutz zu stellen. 2010 wurde der Bunker schließlich entwidmet und 2011 unter Denkmal¬schutz gestellt. Seitdem finden in unregelmäßigen Abständen verschiedene Veranstaltungen und Führungen auf dem Gelände statt.

 

3. In wessen Liegenschaft befindet sich der Hochbunker derzeit?

Antwort:

Die Liegenschaft befindet sich im Fachvermögen der Abteilung Stadtentwicklung und Bauen, SE Facility Management.

Die Fragen 4 bis 7 beantwortet die Abt. Stadtentwicklung und Bauen wie folgt:

 

4. Unterliegt der Bunker dem Denkmalschutz und wenn ja, wie könnte dieser aufgehoben werden?

Antwort:

Die Pallaststraße 30, Hochbunker, 1943-45 von der Philipp Holzmann AG errichtet, ist in der Denkmalliste des Landesdenkmalamtes unter der Nummer 09085008 als Baudenkmal verzeichnet.

In Berlin gilt aufgrund des Denkmalschutzgesetzes bei der Unterschutzstellung ausnahmslos das sogenannte nachrichtliche System (vgl. Martin in: Haspel et al., Denkmalschutzrecht in Berlin, 1. Aufl. 2008, § 4 S. 137) im Unterschied zum konstitutiven System. So erhält beispielsweise eine bauliche Anlage ihre Eigenschaft als Baudenkmal i. S. d. § 2 Abs. 2 DSchG Bln nicht durch einen konstitutiven Akt der Denkmalschutzbehörde, sondern kraft Gesetz, weil es die gesetzlichen Kriterien für ein Baudenkmal erfüllt. Die dann zwingende Eintragung in deie Denkmalliste (§ 4 Abs. 1 DSchG Bln) durch das hierfür zuständige Landesdenkmalamt (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 DSchG Bln) erfolgt lediglich nachrichtlich, ist also für die Denkmaleigenschaft selbst nicht ausschlaggebend. Deshalb ist ein Objekt auch dann ein Denkmal, wenn die Denkmaleigenschaft noch nicht erkannt wurde und/oder die Eintragung in die Denkmalliste noch nicht erfolgt ist. Somit lässt sich der Denkmalschutz nicht in der Weise „aufheben“, wie beispielsweise ein Verwaltungsakt aufgehoben werden könnte. Der Denkmalschutz endet, wenn und soweit die Denkmaleigenschaft nicht (mehr) besteht. Dementsprechend bestimmt § 4 Abs. 2 Satz 2 DSchG Bln, dass Eintragungen in den Denkmallisten von Amts wegen oder auf Anregung des Verfügungsberechtigten gelöscht werden,wenn die Eintragungsvoraussetzungen entfallen sind, mithin die Denkmaleigenschaft nach § 2 DSchG Bln.

 

5. Plant das Bezirksamt derzeit eine Umnutzung des Bunkers?

Antwort:

Das Bezirksamt plant gegenwärtig keine Umnutzung des Bunkers.

 

6. Welche Maßnahmen (mit grober Kostenschätzung) wären notwendig, um eine neue Nutzung im Bunker Platz finden zu lassen?

Antwort:

Sowohl der Umfang der erforderlichen Baumaßnahmen als auch die jeweilige Eingriffstiefe in das Gebäude sind abhängig von einem zu konkretisierenden Nutzungszweck. Vor diesem Hintergrund können hier nur allgemeine Hinweise erfolgen:

Sofern Aufenthaltsräume hergerichtet werden sollen, müssen diese ausreichend belüftet und beleuchtet werden können: sie müssen also Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens einem Achtel der Nettogrundfläche des Raumes aufweisen (Beleg: § 48 BauOBln).

Entsprechende Öffnungen in der Außenwand (3m dicke Außenwände aus Stahlbeton) wären nur mit sehr hohem bautechnischen Aufwand realisierbar.

Sofern die erforderlichen Rettungswege mit den notwendigen Treppenräumen erforderlich sind (z. B. für ein Jugendzentrum) müssen die vorhandenen Treppenräume den Anforderungen angepasst werden; auch hier ist ein sehr hoher Aufwand zu erwarten.

In Abhängigkeit von der jeweiligen Nutzung ist ein sehr hoher Umbauaufwand für weitere Maßnahmen zugunsten des Brandschutzes zu erwarten, u. a. zur Ausbildung ordnungsgemäßer Brand- und Rauchabschnitte.

Unabhängig von Umbaumaßnahmen zugunsten einer eventuellen Nachnutzung, besteht ein hoher Sanierungsbedarf der Gebäudehüllflächen.

Eine Kostenprognose kann im Rahmen der Bearbeitung dieser Kleinen Anfrage nicht erstellt werden, da hierfür eine umfassende Bestandsaufnahme mit nachfolgender Vorentwurfsplanung erforderlich wäre.

 

7. Schließt das Bezirksamt den Hochbunker als dauerhaften Standort für die Jugendzentren Potse und Drugstore prinzipiell aus?

Antwort:

Es ist zu erwarten, dass die Umbau- und Sanierungskosten zur Unterbringung der vorbezeichneten Einrichtungen im Bunker Pallasstraße höher sein werden, als für einen Neubau. Allein aus Gründen der Wirtschaftlichkeit kommt daher der Bunker als Standort für die Jugendzentren Potse und Drugstore nicht in Betracht.

 

Mit freundlichen Grüßen

Jutta Kaddatz