Willkommensklassen brauchen Anbindung an Regelschulen

Harald Gindra
  1. Wie hoch ist die maximale bezirkliche Kapazität zur Aufnahme von schulpflichtigen Geflüchteten in Willkommensklassen (bitte Anzahl der Plätze und Anzahl Standorte angeben)?

Antwort: Derzeit kann das Schul- und Sportamt auf eine maximale Kapazität von 1.238 Schulplätzen in Willkommensklassen an 47 Standorten zurückgreifen.

2. Wie lange ist gewöhnlich die Verweildauer der Beschulten in Willkommensklassen?

Antwort: Die Verweildauer der Beschulten in den Willkommensklassen ist individuell verschieden und beträgt mehrheitlich zwischen 12 und 24 Monaten.

3. Wie viele Willkommensklassen erwartet das Schulamt bis Ende des Schuljahrs auflösen zu können bzw. wie hoch ist die Anzahl zu erwartenden freiwerdende Plätze in Willkommensklassen?

Antwort: Aufgrund der weiterhin großen Nachfrage bzw. des weiterhin anhaltenden Zuzugs von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen ist ein rückläufiger Bedarf von Schulplätzen nicht zu erwarten. Das Schul- und Sportamt plant daher nicht, Willkommensklassen aufzulösen. Es ist davon auszugehen, das frei werdende Plätze unmittelbar wieder belegt werden müssen.

4. Welchen Bedarf an Plätzen in Willkommensklassen erwartet das Schulamt bis zu Ende des aktuellen Schuljahrs?

Antwort: Das Schul- und Sportamt geht davon aus, dass die 1.238 Schulplätze in den Willkommensklassen bis zum Schuljahresende weitgehend belegt sein werden.

5. Aufgrund welcher Planungsprognosen geht die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie davon aus, dass zur Mitte des Jahres die Einrichtung von Willkommensklassen innerhalb der Notunterkunft am Tempelhofer Flughafengebäude notwendig wird?

Antwort: Die für die neu zu errichtende Schule für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld liegt in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Diese hat daher auf Anfrage zurückgemeldet, dass die Schulnetz- und Schulstandortplanung auf der auf Basis der Bevölkerungsprognose abgeleiteten Bedarfsprognose zur Schulplatznachfrageentwicklung basiert. Die vom Senat beschlossene Bevölkerungsprognose (als verbindliche Datengrundlage) trifft Annahmen zur Bleibewahrscheinlichkeit Geflüchteter, sodass – bei zeitgerechter Umsetzung kapazitätsrelevanter Schulbaumaßnahmen – Schulplatzbedarfe für alle Schüler und Schülerinnen zur Verfügung stehen werden. Die Schülerzahlen- und Schulplatzprognose differenziert nicht nach dem Grund der Zuwanderung. Aktuell besuchen ca. 200 Kinder und Jugendliche, die in der Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof untergebracht sind, Willkommensklassen im Bezirk. Von diesem Schulplatzbedarf gehen die Prognosen aufgrund der geplanten Belegung der Notunterkünfte auch weiterhin aus. Gemäß den abgestimmten Ergebnissen des Monitorings 2022/23 mit Stand 03.11.2023 besteht im Schuljahr 2022/23 gesamtbezirklich ein bauliches Schulplatzdefizit von 4,5 Zügen (648 Plätzen) an Grundschulen, 7 Zügen (700 Plätzen) in der Sekundarstufe I an ISS und GemS und 4 Zügen (522 Plätzen) an Gymnasien. Der geplante Schul-Containerstandort wird eine bauliche Kapazität von 12 Willkommensklassen à 12 Kinder (144 Plätze) haben. Der Containerstandort ist baulich/statisch so ausgelegt, dass eine Erweiterung möglich ist, falls sich die altersstrukturellen Verhältnisse ändern. Quantitativ ist das Schulnetz im Bezirk Tempelhof-Schöneberg aktuell und in Zukunft deutlich überlastet. Hier schafft der geplante Standort am THF eine „Entspannung“ im Regelschulsystem. Mit Blick auf die Schulwege für schulpflichtige Kinder und Jugendliche aus der Unterkunft THF verkürzt sich die Schulweglänge und erhöht die Schulwegsicherheit. In Hinblick auf die beschriebenen quantitativen und regionalen Aspekte der Schulversorgung ist die Schaffung zusätzlicher Plätze für Willkommensklassen am Standort THF sinnvoll und notwendig. Im Hinblick auf die Fragestellung ist also nicht erst Mitte des Jahres ein Schulplatzdefizit im Bezirk zu erkennen, sondern gemäß Terminplanung wird im August 2024 der Aufbau der Container abgeschlossen.

6. Hat das Schulamt auf Grundlage eigener Prognosen und Planungen diesen, von bisheriger pädagogischer und integrativer Sicht abweichenden Schritt des Senats unterstützt?

Antwort: Das Schul- und Sportamt sieht keine Möglichkeiten mehr, die Anzahl von Willkommensklassen an den Bestandsschulen weiter zu erhöhen, sodass das Ziel sein muss, die Kinder und Jugendlichen, die in den Unterkünften auf dem Tempelhof Feld untergebracht sind und geplant nicht über einen längeren Zeitraum dort verbleiben, auch möglichst direkt vor Ort zu beschulen, auch um keine Zeit durch die Vermittlung auf freiwerdende Plätze zu verlieren. Die hohe Fluktuation in den Unterkünften auf dem Tempelhofer Feld führt auch immer wieder dazu, dass zugewiesene Plätze in den Willkommensklassen über längere Zeit unnötig frei bleiben, da die Familien zwischenzeitlich verzogen sind. Aufgrund der sehr hohen Anzahl von Geflüchteten im schulpflichtigen Alter, insbesondere auf dem Tempelhofer Feld, wurden die Anrainerbezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln wiederholt vergeblich um Unterstützung bei der Beschulung der Geflüchteten gebeten. Das Angebot der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, den Bezirk und die bezirklichen Schulen durch die Bereitstellung einer Schule auf dem Gelände des Tempelhofer Feldes zu entlasten, wird im Schul- und Sportamt daher begrüßt.

7. Wie bereitet sich das Schulamt darauf vor, dass die Beschulten der Willkommensklassen aus dem Tempelhofer Flughafengebäude später in eine Regelbeschulung überführt werden?     

Antwort: Sowohl in unserem Bezirk als auch berlinweit gibt es ein erhebliches Defizit an Schulplätzen im Regelklassenbereich, welches sich in den kommenden Jahren weiter vergrößern wird. Dadurch werden die Schulen schon jetzt genötigt, mehr Regelklassen einzurichten als die bauliche Zügigkeit hergibt und die vorgesehenen Klassenfrequenzen zu überschreiten. Fach-, Teilungs- und Gruppenräume für die Ganztagsbetreuung werden für Willkommensklassen genutzt und stehen für die eigentliche Nutzung nicht zur Verfügung. Der Übergang aller derzeit in den Willkommensklassen beschulten Schülerinnen und Schüler in Regelklassen ist für die Schulen und das Schul- und Sportamt eine enorme Herausforderung. Insbesondere auch die Belastung durch die bisher allein durch den Bezirk zu bewältigende Beschulung der Kinder und Jugendlichen aus den Unterkünften auf dem Tempelhofer Feld kann auf Dauer so nicht fortgeführt werden. Eine temporäre Schule am Standort kann hierbei zumindest leichte Abhilfe schaffen.

Die Antwort des Bezirksamts erfolgte durch Bezirksstadtrat Tobias Dollase.