Gewerbeflächenaktivierung: Neubauprojekt Großbeerenstr. 54-66

Kleine Anfrage, Harald Gindra (LINKE)

Frage 1

Auf welcher baurechtlichen Grundlage ist an dieser Stelle der Verbrauchermarkt und Drogerie, insg. rd. 3.150 m² GF zulässig gewesen?

Antwort zu 1)

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans XIII-60, festgesetzt am 14.03.1961 (GVBl. S. 329). Es gilt die Bauordnung 1958 in den weitergehenden Vorschriften. Dieser setzt entlang der Großbeerenstraße in einer Tiefe von 50,0m ein beschränktes Arbeitsgebiet sowie dahinterliegend ein reines Arbeitsgebiet der Baustufe 6 (GRZ 0,6 / BMZ 8,4) fest.

Für das Grundstück gilt weiterhin der Bebauungsplan XIII- A vom 9.7.1971 (GVBl. 5.8.1971 S. 1234). Für die dort genannten Vorschriften gilt somit die Baunutzungsverordnung in der Fassung vom 26.11.1968.

Zusätzlich liegt das Grundstück im Geltungsbereich des am 12.7.2005 festgesetzten Bebauungsplanes XIII-B1, der hinsichtlich der Art der Nutzung auf §§ 8 und 9 BauNVO1990 überleitet.

Der Bebauungsplan XIII-B 1 vom 12.Juli 2005 (GVBl. S. 431) mit Änderung vom 13. Juni 2006 (GVBl. S.481) wird durch den B-Plan XIII-B1-1 folgendermaßen geändert:

In den Gewerbe- und Industriegebieten sind Einzelhandelsbetriebe nicht zulässig. Ausnahmsweise können Verkaufsflächen für den Verkauf an letzte Verbraucher zugelassen werden, die einem Produktions-, Verarbeitungs- oder Reparaturbetrieb räumlich-funktional zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse deutlich untergeordnet sind.

Planungsrechtlich beurteilt wurde ein Neubau als Ersatz für den vorhandenen Einzelhandelsbetrieb zu errichten. Gemäß Vorbescheid wurde dem Vorhaben grundsätzlich bereits 2017 zugestimmt.

Der Neubau des vorhandenen Einzelhandelsstandortes - anstelle des zunächst geplanten Umbaus - konnte unter Berücksichtigung des bisherigen Bestandes und der geplanten Verkaufsfläche zugelassen werden.

Der Neubau der zwei Nahversorgungsmärkte (Drogerie und Supermarkt) erreicht insgesamt keine höhere Verkaufsfläche als bisher und verringert sich sogar. Der Neubau ist anstelle des Umbaus aufgrund des Sanierungsbedarfs erforderlich, ein neuer Einzelhandel i.S.d. Bebauungsplans XIII-B1-1 wird somit nicht generiert.

Der zuvor geplante Umbau hatte nach vorliegender Untersuchung keine mehr als unwesentlichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche nach § 11 Abs. 3 BauNVO. Dies konnte somit auch für den Neubau in ähnlicher Kubatur und Flächenaufteilung angenommen werden. Da die vorhandene Nutzung bereits als großflächiger Einzelhandel gilt, ergibt sich keine Änderung der Nutzungsart. Das Vorhaben war somit zulässig.

Die Baugenehmigung wurde am 29.03.2021 erteilt.

 

Frage 2

Wie hat das Bezirksamt im Sinne einer Gewerbeflächen-Aktivierung den Investor bei dem Projekt, bei dem die Nutzungsmaße deutlich unterschritten werden, beraten?

Antwort zu 2)

Die Frage einer Gewerbeflächen-Aktivierung stand nicht im Raum, da – wie bereits ausgeführt – der Grundstückseigentümer eine Fortführung der Einzelhandelsnutzung an dem Standort / auf dem Grund bereits in den Bauberatungen deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Der Eigentümer entscheidet im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich über die Nutzung seines Grundstückes.

 

Frage 3

Welche Bemühungen verfolgt das Bezirksamt um bei Verbrauchermärkten (Neubau, Umbau) eine Mischnutzung mit Wohnungsbau in den oberen Stockwerken zu erreichen?

Antwort zu 3)

Unabhängig davon, dass sich eine Wohnnutzung auf dem abgefragten Grundstück grundsätzlich ausschließt (Hinweis: Gewerbe- und Industriegebieten schließen Wohnnutzungen als unzulässig aus), wird im Stadtentwicklungsamt regelmäßig bei Gesprächen mit den Betreibern von Einzelhandelsstandorten – vorausgesetzt eine Wohnnutzung ist in dem betreffenden Baugebiet zulässig – auf die Möglichkeit ergänzenden Wohnungsbaus hingewirkt. Allerdings – und dies muss offen angesprochen werden – ist die Bereitschaft dafür eher zurückhaltend.

 

Frage 4

Welche baurechtlichen Änderungen wären notwendig um die Ansiedlung von Verbrauchermärkten in Gewerbe-/Industriegebieten (in denen auch keine Kombination mit Wohnungsbau möglich ist) versagen zu können?

Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg hat mit den sogenannten Textbebauungsplänen XI-B 1 sowie XIII-B1-1 bereits im Sinne der Anfrage reagiert. In beiden B-Plänen wurde mit den entsprechenden textlichen Festsetzungen „Im Gewerbegebiet sind Einzelhandelsbetrieb nur zulässig, wenn es sich hierbei um Verkaufsflächen handelt, die einem Produktions-, Verarbeitungs- oder Reparaturbetrieb zugehörig und diesem vom Umfang untergeordnet sind“ (XI-B-1), bzw. „In den Gewerbe- und Industriegebieten sind Einzelhandelsbetrieb nicht zulässig. Ausnahmsweise können Verkaufsflächen für den Verkauf an letzte Verbraucher zugelassen werden, die einem Produktions-, Verarbeitungs- oder Reparaturbetrieb räumlich-funktional zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse deutlich untergeordnet sind“ (XIII-B1-1) eine Einzelhandelsnutzung ausgeschlossen.

Allerdings betraf dies nicht – wie oben angeführt – den Standort an der Großbeerenstraße, da hier bereits vor der Festsetzung des B-Plans XIII-B1-1 eine großflächige Einzelhandelsnutzung aufgenommen wurde.

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