Wohnungslosenhilfeleitlinien sollen aktualisiert und effektiver werden

Nach fast 20 Jahren ist es dringend an der Zeit, die Wohnungslosenhilfeleitlinien auf einen neuen Stand zu bringen, denn die Stadt hat sich verändert und die Probleme mit der Wohnungslosigkeit sind nicht kleiner, sondern geradezu dramatisch größer geworden. Mangelnder Wohnraum, unerschwingliche Mieten für Menschen mit geringen Einkommen, Sanktionspraxis der Jobcenter und nicht zuletzt hinzugekommen eine große Anzahl von Vertragsarbeitern aus östlichen EU-Ländern.

Zu dieser kritischen Situation an sich kommen noch die individuellen Handicaps der Menschen selbst, die gesellschaftlich mehr Unterstützung bedürfen. Auch viele junge Menschen, die nicht mehr bei den Eltern wohnen wollen oder können, und vermehrt auch Familien benötigen die soziale Wohnhilfe. Prognosen sagen, dass bis 2020 die Zahl der mit prekärem Einkommen Unterzubringenden bei 74.000 liegen wird, so sinngemäß Sozialsenatorin Breitenbauch (DIE LINKE) bei der zweiten Berliner Strategiekonferenz Wohnungslosenhilfe letzte Woche.

Das Ziel der thematischen Konferenzen ist, gemeinsam mit den zuständigen Vertreter_innen der Bezirksämter, verschiedensten sozialen, kirchlichen Einrichtungen und Trägern, sowie der Gewerkschaft, an den heutigen Bedarf angepasste Leitlinien zur Wohnungslosigkeit zu erarbeiten. Vorgestellt wurden die Ergebnisse der neun Arbeitsgruppen, die sieben Monate nach der ersten Konferenz intensiv gearbeitet haben. Gelernt hat man aus den Ansätzen der gegenwärtigen Leitlinien, die nicht immer die passende Lösung bieten. Einen besonderen Stellenwert soll die Prävention erhalten, so dass Menschen erst gar nicht in solch eine Situation geraten. Dazu zählen beispielsweise die Schuldnerberatung, die unabhängige Sozialberatung und die Verhinderung von Zwangsräumungen. Bei letzterem will man insbesondere die Senatoren für Jugend und Justiz mit einbeziehen, um die Möglichkeiten, die es für Berlin gäbe, anzuwenden. 4600 Räumungsklagen gab es 2017 in Berlin, das sind mehr als 5000 tragisch menschliche Schicksale. Bis 2024 will man zumindest daran arbeiten, dass die Räumungsklagen um 75% gesenkt werden. Insgesamt will man auch mehr Mittel in den Haushalt stellen, damit die vielen notwendigen Vorhaben auch flächendeckend umgesetzt werden können (u.a. für aufsuchende Beratung der Betroffenen).

Dabei spielen die Bezirke eine große Rolle, jedoch sei bei der Unterbringung eine gesamtstädtische Steuerung gefragt, aber die Unterbringung nach ASOG (Allgemeines Ordnungs- und Sicherheitsgesetz) sei keine nachhaltig geeignete Lösung. Appelliert wurde daran, den Wohnungsmangel zu beseitigen und damit auch den Zugang der Wohnungslosen zu Wohnraum (ohne Schufa-Auskunft) zu ermöglichen. Ebenso gefordert wurde der Erhalt und Ausbau von Trägerwohnungen. Skandale à la Treberhilfe müssen aber verhindert werden. Vermehrt sollten auch Einrichtungen für Frauen und Kinder geschaffen werden. Für Jugendliche wurde eine Jugendwohnagentur vorgeschlagen, denn unterschiedliche Bedarfe sollten berücksichtigt werden. Auch sollten alle Wohnungslosen Zugang zu einer allgemeinen gesundheitlichen Versorgung haben. Und im Hinblick auf die kommende Kältehilfe wurde gefordert, eine ganzjährige Hilfe anzubieten. Für die hier gestrandeten EU-Bürger_innen soll u.a. zwingend arbeitsrechtliche Unterstützung angeboten werden. Bis zum ersten Halbjahr 2019 wird eine Wohnungslosenstatistik eingeführt werden. Auch hat man sich vorgenommen, dass die neuen Leitlinien bis dahin erstellt sind.

BV, Elisabeth Wissel