Das „geschützte Marktsegment“: oft letzter Strohhalm für Wohnungslose

Eine finanzielle Notlage, Schulden, Suchtprobleme oder psychische Probleme – es gibt viele Gründe, warum Menschen nach einer überraschenden Kündigung und im schlimmsten Fall Zwangsräumung keine Wohnung finden. Auf diesem angespannten Wohnungsmarkt, den wir in Berlin haben, kann jeder ganz schnell in diese Situation kommen. Um die betroffenen Menschen unterzubringen, wurde 1993 das Geschützte Marktsegment (Vereinbarung, kein Gesetz) geschaffen, das insbesondere für Wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen gedacht ist. Dafür wurde ein Kooperationsvertrag zwischen dem Land Berlin, den Bezirksämtern und den städtischen Wohnungsunternehmen geschlossen. Das wurde nötig, da auch viele Wohnungen aus der Sozialraumbindung herausfielen und günstigere Wohnungen immer knapper wurden. Inzwischen hat sich das bezahlbare Wohnungs-Problem noch verschärft, trotz Erhöhung des Kontingents auf 1350 Wohnungen. So sind die sozialen Wohnhilfen in den Bezirken voll ausgelastet, Menschen irgendwie unter zu bekommen. Dabei ist das Geschützte Marktsegment (GMS) bei den Betroffenen oft die letzte Möglichkeit, auf diesem Weg ein Zuhause zu erhalten. Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage (Nr. 0494/XX) von mir zum GMS ist vom Bezirksamt zu erfahren, dass die Hilfestruktur in unserem Bezirk derzeit sehr schlecht aufgestellt ist, da der zuständige Sozialarbeiter für die Antragsaufnahme, Betreuung und Vermittlung langfristig erkrankt ist und es weder eine_n Stellvertreter_in gibt, noch eine befristete Neuanstellung geplant ist. In der Antwort meiner Anfrage heißt es u.a.: „die Aufgabenwahrnehmung [...] kann daher nicht mit demselben zeitlichen Umfang sichergestellt werden.“ 2018 bekamen noch über 111 Menschen einen Mietvertrag und bis November 2019 konnten 80 Menschen eine neue Unterkunft bekommen. Das könnte zukünftig noch dürftiger ausfallen, da eine Stelle im Regionalen Dienst für die Bewältigung der Aufgaben ausreichen soll. Gefragt wurde auch nach den zugangsberechtigten Kriterien, die für eine Aufnahme vorausgesetzt werden. Auch da wird nochmals unterschieden in zwei Gruppen. Die A-Berechtigung erhalten demnach Personen „die sich nicht ohne Hilfe am Wohnungsmarkt mit Wohnraum versorgen können und für die sämtliche sozialhilferechtlichen Möglichkeiten zum Erhalt des bestehenden Mietverhältnisses erfolglos ausgeschöpft worden sind...“ B-Berechtigte sind Personen und Haushalte, die zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Lebens- und Haushaltsführung in einem Wohnhaus fähig sind und die im Einzelfall eine entsprechende begleitende persönliche Hilfe erhalten und für die eine positive sozialpädagogische Prognose erstellt und aktenkundig gemacht wurde“. Bei all den Erschwernissen muss Priorität sein, dass die Menschen in ihren Wohnungen bleiben können. Des Weiteren müssen die Kontingente für das GMS erhöht werden. Die rotrotgrüne Koalition im Abgeordnetenhaus hat im September Leitlinien zur Obdachlosigkeit beschlossen, daraus ist u.a. zu entnehmen, dass die Kontingente für das GMS erhöht werden und es künftig ein Verbot von Räumungen bei Familien mit minderjährigen Kindern geben wird.

Elisabeth Wissel