Was wird aus Galeria Karstadt am Tempelhofer Damm?

Große Anfrage, Drs. 0472/XXI, Bezirksverordnete Elisabeth Wissel (Fraktion DIE LINKE)

1. Frage Inwiefern hat das Bezirksamt bei Gesprächen mit dem Eigentümer bzw. Vertreterinnen oder Vertreter von Galeria Karstadt Einfluss nehmen können?

2. Frage Hält der Eigentümer sich an die politischen Vereinbarungen/Gegenleistungen, u.a. Galeria Karstadt am Tempelhofer Damm als Standort beizubehalten?

Ich beantworte die beiden Fragen zusammen. Das Bezirksamt hat seit Jahren einen guten Kontakt zur Galeria Karstadt Kaufhof-Filiale am Tempelhofer Damm. Das Bezirksamt hat die Filiale und die Beschäftigten bereits während des Insolvenzverfahrens im Jahr 2020 aktiv unterstützt. Seitdem gibt es auch zur Immobiliensparte von SIGNA einen guten Kontakt. Im August 2020 wurde zwischen dem Land Berlin, der SIGNA-Gruppe und Galeria Karstadt Kaufhof ein Letter of Intent (LOI) über den Erhalt von Warenhausstandorten sowie über Investitionen der SIGNA-Gruppe geschlossen. Die Eigentümerin bzw. Vermieterin der Immobilie am Tempelhofer Damm war hieran nicht beteiligt. Heute konnte ich Herrn Timo Herzberg, dem CEO SIGNA Real Estate, telefonisch erreichen. Er sagte mir zu, dass SIGNA den LOI mit dem Land Berlin erfüllen werde. Das schließt den Standort Tempelhofer Damm mit ein und schließt auch mit ein, dass zur langfristigen Standortsicherung in die Standorte Ring-Center, Müllerstraße, Tempelhofer Damm und Wilmersdorfer Straße investiert werden soll.

Das Bezirksamt pflegt einen regelmäßigen Austausch mit dem Betriebsrat. Der Betriebsrat konnte uns auf Rückfrage bestätigen, dass es in den letzten Jahren zwar keine betriebsbedingten Kündigungen gab, freie Stellen jedoch oftmals nicht nachbesetzt werden (können), sodass die Personaldecke insgesamt schrumpft. Diese Annahme bestätigt auch ein Artikel im Handelsblatt vom 12.01.2023, nach dem die Anzahl der Beschäftigten bei Galeria Karstadt Kaufhof in den letzten acht Jahren deutlich gesunken war. Zusätzlich sei es immer schwieriger geworden, gut ausgebildetes Verkaufspersonal zu bekommen. Zuletzt wurden auch sogenannte „Verkaufshilfen“, d.h. ungelerntes Personal eingesetzt.

Bei einer persönlichen Begehung der Filiale mit dem Einzelhandelsbeauftragten des Bezirks in der Vorweihnachtszeit hat sich dieser Eindruck für mich leider bestätigt. Das Geschäftskonzept, die Ausstattung, der Personaleinsatz, das Ambiente und der Warenbestand haben keinen guten Eindruck hinterlassen und scheinen nicht nachhaltig wettbewerbsfähig zu sein. Konkrete Zahlen liegen der Wirtschaftsförderung jedoch nicht vor. Am 23. Januar 2023 wird das Bezirksamt mit Vertretern der SIGNA Real Estate und der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH zusammenkommen, um die bisher brachliegenden Potenziale des Standortes und die Zusammenarbeit zu besprechen. Klar ist, dass am Standort Tempelhofer Damm das Warenhausformat modernisiert werden muss und die Beschäftigten einbezogen werden müssen, sonst sind die Erfolgsfaktoren Stammkundschaft und Beratungskompetenz nachhaltig gefährdet.

3. Frage Sind Pläne bekannt was aus dem Standort wird, wenn Karstadt geschlossen werden sollte?

Aktuell kann das Bezirksamt dazu keine Aussage machen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Galeria Karstadt-Kaufhof im Rahmen des Sanierungskonzeptes, welches das Unternehmen spätestens drei Monate nach dem Antrag auf die Schutzschirm-Insolvenz vorlegen muss, die Informationen Ende Januar offenlegen wird. Einem Bericht des Handelsblatts vom 12.01.2023 zufolge soll ungefähr jede dritte Filiale eine Bestandsgarantie haben. Durch das Schutzschirmverfahren ist es jedoch möglich Mietverträge einseitig zu kündigen. Die verbleibenden Filialen sollen in der Folge zeitnah renoviert und deutlich dezentraler gesteuert werden, um sie so individueller an den jeweiligen Standort anzupassen. Insgesamt solle das Geschäftsmodell modernisiert werden, sodass u.a. eine Zusammenarbeit mit lokalen Partnern in Betracht käme und beispielsweise Concept Stores in die Flächen integriert werden könnten.

4. Frage Ist dem Bezirksamt bekannt, ob es schon Interessenten gibt, die Karstadt als Kaufhaus in der jetzigen oder einer ähnlichen Form weiterführen würden?

Da es noch keine validen Aussagen von der Eigentümerin der Immobile zur Zukunft des Standortes gibt, möchte sich das Bezirksamt nicht an den in der Immobilienbranche üblichen Gerüchten und Mutmaßungen beteiligen.

5. Frage Falls es zur Aufgabe des Kaufhauses kommen sollte, bleibt der Standort auf jeden Fall als Gewerbestandort erhalten?

Hier bedanke ich mich ausdrücklich für die Zuarbeit meiner Kollegin Frau Stadträtin Schöttler. Das mit dem Karstadt-Kaufhaus bebaute Grundstück liegt im Geltungsbereich des festgesetzten Bebauungsplan XIII-220 (festgesetzt am 28. Juni 1985). Es wird als "Kerngebiet" mit der Zweckbestimmung "Warenhaus" ausgewiesen. Ergänzend dazu ist mit den Planergänzungsbestimmungen Nr. 13 und Nr. 14 die wesentliche Fassadengestaltung - sie orientiert sich an dem Fassadenbild von 1928 - des Gebäudes vorgegeben. Es handelt sich bei dem Grundstück also nicht um einen Gewerbestandort im Sinne eines Misch-, Gewerbe- oder Industriegebietes, sondern ist planungsrechtlich auf eine Warenhausnutzung eingegrenzt. Eine Änderung des geltenden Planungsrechtes wird vom Bezirksamt ausdrücklich NICHT beabsichtigt. Vielmehr hält das Bezirksamt an der Nutzungsbestimmung von Kerngebieten nach der damals gültigen Baunutzungsverordnung von 1977 weiterhin fest. Demnach dienen Kerngebiete gemäß § 7 (1) BauNVO 1977 "vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und der Verwaltung". Und lassen Sie mich an dieser Stelle unmissverständlich festhalten: Eine Umnutzung zu einem Wohnstandort ist aufgrund der Festsetzungen im B-Plan XIII-220 planungsrechtlich ausgeschlossen und ist zudem für diesen Standort auch perspektivisch unerwünscht. Eine Büronutzung muss immer der Hauptnutzung „Warenhaus“ dienlich bzw. untergeordnet sein.

6. Frage Gibt es inzwischen ein Datum, wie lange Karstadt noch am jetzigen Standort bleibt?

Die Laufzeit des Gewerbemietvertrages für die Galeria Karstadt-Kaufhof GmbH am Standort Tempelhofer Damm steht vermutlich mit den Aussagen im LOI im Einklang. Im LOI wurde eine Standortsicherung im Jahr 2020 für mindestens 10 Jahre angestrebt; der Betrieb des Warenhauses zunächst für fünf Jahre zugesichert. Bekanntlich befindet sich die Galeria Karstadt-Kaufhof GmbH seit dem November des letzten Jahres wieder in einem Schutzschirmverfahren nach §270d Insolvenzverordnung. Ziel des Schutzschirmverfahrens ist es, die Sanierung von Unternehmen zu erleichtern. Aufgrund des Schutzschirmverfahrens sind gesicherte Informationen erst mit dem Sanierungskonzept zu erwarten.

7. Frage Welche Lösungen, wenn bekannt, gibt es für das Personal, wenn Karstadt schließen sollte?

Im Falle einer Schließung der Filiale müssten alle weiteren Maßnahmen mit dem Sanierungskonzept abgestimmt werden. Dies betrifft auch arbeitsrechtliche Punkte wie zum Beispiel Abfindungen und Rentenprogramme. Im bereits erwähnten LOI sind betriebsbedingte Kündigungen für fünf Jahre ausgeschlossen. Aktuell liegen keine weiteren Informationen vor. 8. Frage Wie schätzt das Bezirksamt die Konsequenzen eines möglichen Wegfalls des Kaufhauses für das Umfeld und der kleinen Gewerbetreibenden in der Einkaufsstraße ein? Ein Wegfall des Kaufhauses könnte sich auf die gesamte Einzelhandelslage am Tempelhofer Damm auswirken, da die Filiale ein wichtiger Frequenzbringer, Anziehungspunkt und Nahversorger ist, insbesondere für die ältere Bevölkerung. Deshalb setzt sich das Bezirksamt intensiv für einen Verbleib von Galeria Karstadt Kaufhof Tempelhofer Damm ein.