Sanktionspraxis bei ALG-II-Empfänger_innen in Tempelhof-Schöneberg

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Kleine Anfrage, BV Elisabeth Wissel (LINKE)

Sehr geehrter Herr Böltes,

ich beantworte die Kleine Anfrage für das Bezirksamt wie folgt:

 

Zu 1)

Statistische Auswertungen liegen aktuell bis August 2016 vor.

In den Monaten Januar 2016 bis August 2016 waren laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit 12.043 erwerbsfähige Leistungsberechtigte von Sanktionen betroffen. Bezogen auf den Bestand betraf das in diesem Zeitraum durchschnittlich 4,2 % der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.

 

Zu 2)

Im gleichen Zeitraum wie zu Frage 1 waren von den jugendlichen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unter 25 Jahren durchschnittlich 4,4 % oder 2.126 erwerbsfähige Leistungsberechtigte von Sanktionen betroffen. Für weitere Personengruppen liegt die gleitende Jahressumme für die Berichtsmonate September 2015 bis August 2016 vor:

 

Kundengruppe

Anzahl Sanktionen

Anteil

Männer

6148

5,6%

Frauen

3126

3,0%

Ausländer

2651

3,5%

55+

571

1,9%

U25

1609

4,5%

 

 

Zu 3)

Hierzu liegt eine gleitende Jahressumme für die Berichtsmonate September 2015 bis August 2016 vor:

a)     In 8.631 Fällen (80,1%) wurden Sanktionen auf Grund von Meldeversäumnissen bei Trägern ausgesprochen.

b)     In 675 (6,3%) Fällen wurden Sanktionen auf Grund der Weigerung eine Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen, ausgesprochen.

 

Zu 4)

Bei einer Minderung um mehr als 30% des Regelbedarfs kann das Jobcenter auf Antrag im Rahmen einer Ermessensentscheidung in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen als Zuschuss erbringen, insbesondere in Form von Lebensmittelgutscheinen. Das Jobcenter hat in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen, wenn Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt leben.

Unabhängig vom Grad der Sanktion bzw. der Inanspruchnahme ergänzender Leistungen bleibt der Zugang des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, also auch zu Beratungs- und Betreuungsdienstleistungen, erhalten.

Zur Anzahl ausgegebener Lebensmittelgutscheine in Zusammenhang mit Sanktionsentscheidungen erfolgen keine statistischen Erhebungen. Somit kann die Frage nicht beantwortet werden.

 

Zu 5)

Diese Frage kann nicht beantwortet werden. Es bestehen keine Möglichkeiten die Beendigungen von Mietverhältnissen statistisch zu zählen und nach Gründen auszuwerten.

 

Zu 6)

Im Jahr 2016 wurde gegen insgesamt 808 Sanktionen Widerspruch erhoben. Betroffen sind 328 Fälle nach § 31 SGB II und 480 Fälle nach § 32 SGB II.

Fälle, bei welchen eine Person gegen mehrere Sanktionen Widerspruch erhoben hat, können nicht ermittelt werden; somit sind bzgl. der Anzahl der Widersprüche keine Rückschlüsse auf die Anzahl der Betroffenen möglich.

 

Zu 7)

Von den genannten 808 Widerspruchsverfahren wurden bislang 683 Verfahren beendet; 125 Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. In 240 Fällen musste dem Widerspruch stattgegeben werden.

 

Zu 8)

Die Sanktionsmaßnahmen sind originär eine Folge von Versäumnissen der leistungsbeziehenden Personen. Insofern muss es auch diesem Personenkreis obliegen, den rechtlichen Pflichten nachzukommen und nicht dem Bezirksamt, Maßnahmen zur Vermeidung von z.B. Meldeversäumnissen oder Weigerung zur Arbeitsaufnahme zu entwickeln.

 

Mit freundlichem Gruß

Jutta Kaddatz

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