Pläne ohne den Bezirk für das ehemaliges Straßenbahndepot

Wir fragen das Bezirksamt:

1. Ist es richtig, dass, die drei Hallen des ehemaligen Straßenbahndepots in der Belziger Straße statt der Probebühnen und einer Halle für soziale-kulturelle Nutzung, die für den Bezirk vorgesehen war entfallen, wenn ja, aus welchen Gründen?

Antwort: Das Grundstück und die Gebäude befinden sich nicht im Vermögen der Bezirksverwaltung, sondern im Vermögen des Landes und werden durch die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) verwaltet. Neben dem Interesse der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SenKultGZ), dort zwei Schiffe des Straßenbahndepots für die Nutzung von Probebühnen in Anspruch zu nehmen, hat jetzt auch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport (SenInnSport) ihre Absicht dort ein Polizei- und Feuerwehrmuseum unterzubringen offengelegt. Der Bezirk hält an seinem Interesse fest, in Kombination mit der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt das dritte Schiff für sozio-kulturelle Nutzungen in Anspruch zu nehmen. Eine Umsetzung beider Interessen an diesem Standort scheint auf Grund der standortausfüllenden Flächenbedarfe nicht möglich zu sein.

2. Welche Nutzung ist konkret jetzt für den Standort vorgesehen?

Antwort: Aktuell ist über die Nutzung noch nicht abschließend entschieden. Zunächst soll mit einer Machbarkeitsstudie das Konzept der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (SenInnSport) weiter ausgearbeitet werden. Die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SenKultGZ) hält an den eigenen Planungen weiter fest. Der Bezirk verfolgt an dem Standort nach wie vor die Implementierung einer soziokulturellen Nutzung, wie sie in Beteiligungsverfahren von Menschen aus dem Wohnumfeld vielfach gewünscht wurde.

3. Wird es zu den neuen Nutzungsvorhaben eine Bürger:innen-Beteiligung geben, die nicht nur informieren soll?

Antwort: Dem Bezirk ist aktuell nicht bekannt, dass zu dem neuen Nutzungsvorhaben seitens der Senatsverwaltung für Inneres und Sport eine Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern vorgesehen ist.

4. Inwieweit hat sich das Bezirksamt dafür eingesetzt, dass die Pläne der Vorgänger-Regierung durchgeführt werden?

Antwort: Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg hat sich seit dem Beteiligungsverfahren zur Entwicklung des ehemaligen Straßenbahndepots in 2017 gemäß den Ergebnissen des Verfahrens bei den zuständigen Senatsverwaltungen kontinuierlich für eine soziokulturelle Nutzung am Standort eingesetzt. Während der Corona-Pandemie hat es hierzu wiederholt Videokonferenzen mit Vertreter:innen der Senatsverwaltung für Kultur und der BIM gegeben. Der damalige Staatssekretär Wöhlert stand dem Ansinnen des Bezirks sehr wohlwollend gegenüber und hat hierzu mehrfach den direkten Kontakt zum Bezirksamt gesucht und gepflegt. Mit Schreiben vom 29.3.2023 habe ich der damaligen Staatssekretärin Dreher mitgeteilt, dass der Bezirk die Implementierung einer soziokulturellen Nutzung verfolgt, wie sie im Beteiligungsverfahren auf unterschiedlicher Art und Weise geäußert wurde. Hierzu wollten wir als Bezirk ein Interessensbekundungsverfahren auf den Weg bringen. Die Nutzung durch einen Träger im Auftrag des Bezirksamtes hätte den Charme gehabt, möglichst wenig eigene personelle und finanzielle Ressourcen des FM-Bereiches in die Entwicklung des Standortes verwenden zu müssen. Ziel war es, bis zum 30.6.2023 ein Betreiberkonzept vorzulegen. In der Zwischenzeit wurde dem Bezirksamt von der BIM mitgeteilt, dass das Gebäude frühestens 2030 für andere Nutzungen zur Verfügung stehen kann. Damit konnte ein Interessensbekundungsverfahren nicht an den Start gebracht werden. In 2023 fanden erste Sondierungsgespräche zur Etablierung eines Stadtteilzentrums statt. Mit Schreiben vom 16.6.2023 habe ich dann die neue Staatssekretärin Mildenberger angeschrieben und mit dem ungebrochenen Interesse des Bezirks an einer Teilnutzung um ein Gespräch gebeten bzw. geworben. Der Vorgang ist dann intern an Staatssekretär Schyrocki abgegeben worden. Außer einem Telefonat mit Nachfragen zum Sachstand ist es bis heute nicht zu einem Gespräch mit mir gekommen. In der Zwischenzeit hat der Bezirk davon erfahren, dass im Landeshaushalt Mittel für eine Machbarkeitsstudie „Feuerwehr- und/oder Polizeimuseum“ eingestellt wurden. Bezugnehmend auf die beiden genannten Schreiben habe ich mich dann am 8.1.2024 an die Senatorin für Inneres und Sport Frau Spranger gewandt. In diesem Schreiben habe ich noch einmal ganz deutlich das Interesse des Bezirks an diesem Standort zum Ausdruck gebracht. Der Bezirk wollte und will Ideen und Anregungen aus dem Beteiligungsverfahren 2017/18 umsetzen. Im Weiteren hatte ich Gesprächsbedarf für mögliche Zwischennutzungen angemeldet. Leider habe ich bis heute keine Antwort erhalten, so dass ich zusammen mit meiner Kollegin Frau Stadträtin Majewski erneut die Senatorin angeschrieben habe. Hier haben wir erneut das Interesse des Bezirks an einer kombinierten Nutzung des ehemaligen Straßenbahndepots mit der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt formuliert.

5. Welchen Nutzen, bzw. Einfluss hat das Bezirksamt überhaupt noch auf die strukturellen Veränderungen auf dem Areal?

Antwort: Die Antwort ist davon abhängig, welches Vorhaben auf der Fläche zukünftig vorgesehen ist und wie bezirkliche Interessen durch die Senatsverwaltungen Berücksichtigung finden. Hierzu bedarf es einer abschließenden politischen Klärung, die die Interessen des Bezirks ausreichend berücksichtigen sollte.

6. Mit welchem Ziel wird eine neue Machbarkeitsstudie, die über 180.000 Euro für den Steuerzahler kosten soll, durchgeführt?

Antwort: Mit einer Machbarkeitsstudie soll das Flächenkonzept der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (SenInnSport) weiter ausgearbeitet werden. Zu den Kosten kann der Bezirk aufgrund der fehlenden Zuständigkeit keine Aussage treffen. Aus meiner Sicht wird eine Nutzung als Feuerwehr- oder Polizeimuseum der Lage und Bedeutung des Standortes in keiner Weise gerecht. Das hat nicht zuletzt das große Interesse der Bevölkerung an dem damaligen Beteiligungsverfahren und heute immer wieder geäußerten Nachfragen von Bürger:innen zum aktuellen Planungsstand ergeben. Das denkmalgeschützte Ensemble bietet Chancen für eine Projektentwicklung, die dem Kiez und Schöneberg in Gänze dienlich und von großem Nutzen wäre. Eine Nutzung als Museum wirkt dagegen sehr unterkomplex.

7. Wie bewertet das Bezirksamt im Nachhinein die stattgefundene Bürger:innen-Beteiligung in den letzten Jahren, die sehr positiv und enthusiastisch von den Anwohnenden begleitet wurde, und nun offensichtlich gar nichts mit ihren Vorschlägen zu tun haben?

Antwort: Der Bezirk ist nach wie vor daran interessiert, die soziokulturellen Bedarfe der Bewohner:innen am Standort zu realisieren. Da es sich jedoch nicht um eine Fläche im Besitz des Bezirks handelt, obliegt es der Landesebene darüber zu entscheiden, inwiefern die Ergebnisse der Bürger:innenbeteiligung bei der konkreten Nutzung des ehemaligen Straßenbahndepots berücksichtigt werden.

8. Wie sieht die Zwischennutzung vor Ort aus, da sich die Umsetzung der neuen Vorhaben noch mindestens 5-8 Jahre hinziehen wird?

Antwort: Es ist richtig, dass dem Bezirksamt von der BIM mitgeteilt wurde, dass das Gebäude frühestens 2030 für andere Nutzungen zur Verfügung stehen kann. Mit dieser zeitlichen Vorgabe kann der Bezirk aber keine Interessensbekundungsverfahren oder andere sich wirtschaftlich rechnende konkrete Nutzungsplanungen betreiben. Insoweit sind das Bezirksamt und aktive Bewohner:innen aufgrund der Bedeutung des Standortes für die Region sehr an einer Zwischennutzung interessiert. Es fragen auch bereits – so unser Informationsstand – interessierte Aktive bei der BIM an. Sie stehen zum Teil auch im Austausch mit Akteuren des Vereins „Urbane Praxis e.V.“, einer noch relativ jungen Plattform, die sich u.a. für Zwischennutzungen im Land Berlin stark macht. Der Verein „Urbane Praxis e.V.“ vernetzt zivilgesellschaftliche Akteur:innen in Berlin und darüber hinaus. Hier wird Wissen gespeichert und Wissen über soziale und kulturelle Stadtentwicklung vermittelt. Das Bezirksamt begrüßt solche und andere zivilgesellschaftlichen Aktivitäten und Akteure. Um eine wirklich nachhaltige Perspektive für Nutzungen aufbauen zu können, braucht es aber die Gesprächsbereitschaft der Senatsverwaltungen. Eine nachhaltige Perspektive muss natürlich auch die Wirtschaftlichkeit von Zwischennutzungen, aber auch das wirkliche Interesse der Nachbarschaft und darüber hinaus berücksichtigen. Es kann auch nach langen Jahren des Stillstandes mit Fug und Recht behauptet werden, dass der Standort eine Faszination auslöst. Es ist und bleibt mehr als unverständlich, warum offensichtlich die Senatsverwaltung für Inneres sich nicht für die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung und der daraus möglichen partizipativen Entwicklung interessiert. Konkret wird das Gelände derzeit weiter als Kraftfahrzeugabstelllager der Polizei Berlin genutzt. Nach Rückmeldung der Polizei kann aus sicherheitsrelevanten Gründen daher kein Zugang für Dritte auf das Gelände gewährt werden. Der schriftlichen Anfrage mit der Ds-Nr. 19 / 18081 des Abgeordnetenhauses war zu entnehmen, dass die Nutzung bis zur Schaffung weiterer Stellplatzkapazitäten des Kfz-Sicherstellungsgeländes am Blumberger Damm erforderlich sei.

 

Die Antwort für das Bezirksamt erfolgte durch Jörn Oltmann, Bezirksbürgermeister