Erhalt des Warenhauses am Tempelhofer Damm
1. Gab es seitens Galeria-Karstadt im Vorfeld Bestrebungen das Kaufhaus attraktiver zu gestalten?
Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) hat im Oktober 2021 mit dem Konzept „Galeria 2.0“ einen strategischen Neustart vorgestellt. Demnach sollten bundesweit in den darauffolgenden drei bis vier Jahren rund 600 Millionen Euro in die Verkaufsfilialen investiert werden. Für die Modernisierung der 131 Warenhäuser waren 400 Millionen Euro vorgesehen, davon sollten 50 60 Gebäude vollständig saniert werden und der Rest nur teilweise. Für E-Commerce, IT und Logistik-Erneuerung waren 200 Millionen Euro eingeplant. Die neuen Konzepte sollten spezifisch auf den jeweiligen lokalen Standort abgestimmt werden. Helfen sollte dabei die Kategorisierung der Warenhäuser in: Weltstadthaus, regionaler Magnet und lokales Forum. Als Pilotfilialen für Galeria 2.0 waren die Standorte Frankfurt, Kassel und Kleve vorgesehen. Es ist im hohen Maße ärgerlich und enttäuschend, dass die im LOI mit dem Land Berlin zugesagten Investitionen u.a. in den Standort Tempelhof ausgeblieben sind. Die Signa hat Wortbruch begangen und damit verhindert, dass die Zukunftsfähigkeit des Standortes unter Beweis gestellt werden konnte. Ich bin überzeugt, dass mit der Umsetzung des Galeria 2.0-Konzeptes, einer modernen Ausstattung und ausreichend fachlich gutem Beratungspersonal auf der Verkaufsfläche dieser Warenhausstandort überlebens- und zukunftsfähig ist. Dafür sprechen m.E. u.a. folgende Erfolgsfaktoren: a) Eine Kundschaft, die zu 70% mit der Kundenkarte dort einkauft und damit ein hohes Stammkundenpotenzial aufweist. Die Entwicklung des letzten Jahres zeigt, dass die vor Corona 2 erzielten Jahresumsätze wieder annähernd erreicht werden konnten und dies obwohl der Standort über kein gastronomisches Angebot verfügt hat, da das Restaurant geschlossen war. b) c) Im Süden des Bezirks gibt es kein vergleichbares Angebot. Mit einem modernisierten Erscheinungsbild und ausreichend ausgebildetem Personal könnte zudem die Nachfrage aus benachbarten Ortsteilen und Bezirken gewonnen werden, die die Einwohnerstärke einer Kleinstadt wie Kleve bei Weitem übersteigen dürfe. Mit dem Warenangebot des Tempelhofer Hafens und dem des Galeria Karstadt Kaufhof Standortes werden am Tempelhofer Damm sich ergänzende Angebotsstrukturen vorgehalten, die sich gegenseitig stärken. Fällt einer der beiden Bausteine weg, ist die Attraktivität des Tempelhofer Damms insgesamt stark gefährdet. Von Seiten der Filialleitung des Tempelhofer Standortes gab es Bestrebungen den Gastronomiebereich zu reaktivieren und ein Café einzurichten. Ferner war in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt geplant, nach dem Beispiel der Pilotfiliale in Kassel, Synergieeffekte durch die Kooperation mit einer öffentlichen Einrichtung zu generieren. So sollte hier die bezirkliche Mieterberatung im Untergeschoss angeboten werden. Wegen des laufenden Insolvenzverfahrens gab es hierzu von der Konzernleitung in Essen jedoch keine Genehmigung.
2. Welche Erkenntnisse (zu eigentlichen Probleme der Karstadt-Schließung) hat das Bezirksamt zur Standortschließung am Tempelhofer Damm?
Grundsätzlich hat das Bezirksamt, ebenso wie der GKK-Standort selbst, die Erkenntnisse vorwiegend der Presse entnommen. Vom Eigentümer der Immobilie, also der Bayerischen Versorgungskammer, und dem Mieter, also der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH haben wir keine direkten Informationen erhalten. Die Gespräche mit dem Insolvenzverwalter, der Bayerischen Versorgungskammer und den potenziellen Käufern wurden von der Wirtschaftssenatorin und Bürgermeisterin Senatorin Frau Giffey geführt. Wie ich heute erfahren habe, wird es am nächsten Freitag einen Termin mit der Bayerischen Versorgungskammer, Frau Giffey und mir geben. Mit der Filialleitung und vor allem mit dem Betriebsrat stehe ich persönlich im Austausch.
3. Kommt es zur Weiterführung des Warenhauses mit einem neuen Investor?
Nach Informationen des Bezirksamtes steht der Standort in Tempelhof auf der Liste, der von der Schließung betroffenen Filialen. Gewissheit wird es jedoch erst im Nachgang der am 28.05.2024 stattfindenden Gläubigerversammlung geben, bei der über den Vorschlag des Insolvenzverwalters entschieden wird.
4. Wie wurde das Bezirksamt in die Schließungspläne einbezogen?
Das Bezirksamt wurde weder vom Insolvenzverwalter, noch vom Eigentümer der Immobilie oder den potenziellen Käufern in den Prozess einbezogen. Am 8. Mai fand ein Termin zum Informationsaustausch bei der Senatorin Giffey mit den Bezirksbürgermeistern Bewig (Spandau), Schäfer (Lichtenberg) und mir statt.
5. Das Gibt es gegebenenfalls alternative Pläne zu GKK um den Standort zu erhalten?
Amt für Stadtentwicklung teilt mit: „Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des festgesetzten Bebauungsplanes XIII-220. Dieser setzt als Art der Nutzung ein Kerngebiet mit dem besonderen Nutzungszweck Warenhaus fest. Auf Grund der spezifischen Festsetzung ist eine andere Nutzung nicht möglich.“ Es handelt sich somit planungsrechtlich um einen Kaufhausstandort. Eine Änderung des Planungsrechts wird vom Bezirksamt weiterhin nicht beabsichtigt. In dem bereits genannten Termin mit der Bayerischen Versorgungskammer wird es auch darum gehen, welche Pläne bestehen und welche Interessenten möglicherweise vorstellig geworden sind. Eine direkte Einflussnahme ist dem Bezirksamt leider nicht möglich, weil es außerhalb des Planungsrechtes keine Zuständigkeit hat. Insoweit bleibt mir und der Wirtschaftsförderung nur eine beratende Funktion.
6. Gab oder gibt es vom Bezirksamt Gespräche mit dem oder auch Angebote an das Personal, wie es für sie nach der Schließung weiter gehen kann?
Aktuell hat das Bezirksamt keine direkten Möglichkeiten, um Angebote zu offerieren. Zudem bleibt es abzuwarten, ob und wie die Angestellten entschädigt werden, bzw. ob es Anschlussangebote geben wird. Um konkrete Perspektiven aufzuzeigen zu können, ist der Abschluss des Insolvenzverfahrens abzuwarten. Aufgrund des akuten Fachkräftemangels ist jedoch davon auszugehen, dass im Berliner Einzelhandel Personal benötigt wird. Im Weiteren koordinieren wir derzeit einen Termin mit dem Betriebsrat, um zu sondieren, ob mögliche Anforderungsprofile bei uns im Bezirksamt mit Kenntnissen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden von Karstadt in Einklang zu bringen wären.
7. Wären gegebenenfalls ergänzende Nutzungen, und beispielsweise sozial-kulturelle Angebote möglich?
Wie in der Antwort zur ersten Frage beschrieben, gab es gemeinsame Überlegungen bezirkliche Angebote in die Flächen der GKK-Filiale zu integrieren. Im Grundsatz gilt aber die Zweckbestimmung „Warenhaus“ (s.a. Antwort zu Frage 5). Weitergehende Überlegungen sind mit der Eigentümerin und dem Stadtplanungsamt abzustimmen (s.a. Antwort zu Frage 8).
8. Gibt es Kontakt zum Immobilien-Eigentümer und Kenntnis zu dessen Plänen?
Derzeit bemüht sich das Bezirksamt in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe um einen Gesprächstermin mit der Bayrischen Versorgungskammer. Dieser wird voraussichtlich am 24.5.2024 stattfinden. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass das Bezirksamt das größte Interesse an der Fortführung des Standortes als Warenhaus hat. Karstadt stellt für den Tempelhofer Damm einen Ankermieter dar und ist für die Anwohnenden ein wichtiger Versorgungspunkt. Ich verstehe mich als Lobbyist und Supporter der Mitarbeitenden und des Standortes Karstadt am Tempelhofer Damm. Allerdings bin ich hier als Bezirksbürgermeister und Stadtrat für Wirtschaft wie ein „König ohne Land“ unterwegs und möchte mich deshalb für den guten Austausch und dem Engagement der Senatsverwaltung für Wirtschaft und ihrer Senatorin Giffey ausdrücklich bedanken. Ich hoffe sehr, dass auch die Bayrische Versorgungskammer an der Fortführung eines Kaufhauses im Sinne der Menschen und Mitarbeitenden in Tempelhof interessiert ist.
Dateien
- Beantworung_Grosse_Anfrage_Linke_-Karstadt-_30._BVV_am_15.05.2024.pdf
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