Fuggerstraße: Erst rausgeworfen, dann mit Leistungsentzug bedroht und zuletzt in der Presse verunglimpft - Mindeststandards einhalten!

Katharina Marg

Die Razzia in der Fuggerstraße und die Berichterstattungen der vergangenen Tage in der BILD, aber auch im Tagesspiegel, Fokus und in der Abendschau unterschreiten die journalistischen Mindeststandards. Der Pressekodex erfordert unter anderem Sorgfalt, den Schutz der Persönlichkeit und die Vermeidung von Diskriminierung. Von den Mitarbeitenden der Berliner Ämter ist entsprechend ein behutsames, angemessenes und diskriminierungskritisches Vorgehen zu erwarten.

Im BB-Hotels in der Fuggerstraße sind die meisten Zimmer seit über einer Woche geschlossen und nicht belegt. Diese Entscheidung scheint auf die Betreiberin zurückzugehen. Eine Zwangs-Schließung droht seit September. Ein Kammerjäger kümmert sich außerdem um die Räume. In der Unterkunft lebten viele Frauen und Kinder. Im Koalitionsvertrag (siehe S.74) versprochene Mindeststandards für ASOG-Unterkünfte fehlen jedoch noch immer. Dass dann Sozialämter und die Familienkasse mit Polizei und Journalisten um 6 Uhr morgens eine Razzia durchführen ist fragwürdig. Dies zu filmen und in einer sensationsheischenden Berichterstattung vom Verdacht auf Sozialbetrug zu sprechen, weil kaum Menschen anzutreffen sind, ist Scharfmacherei - gegen Transferleistungsbeziehende, gegen Rom:nja und gegen Menschen, die ein Recht auf ein Dach über dem Kopf und ein menschenwürdiges Leben haben. 

Positiv hervorzuheben ist die Zeitung, die am Mittwoch etwas einordnete und die Vereine Schöneberg Hilft und Amaro Foro zu Wort kommen ließ. Hinzu kommt die vorherige Schließung eines Großteils der Räume durch das Bezirksamt.

Eine weitere Stellungnahme zum Thema findet sich unter diesem Link.

→ Richtigstellung: in einer vorherigen Version stand das Gesundheitsamt hätte die Zimmer geschlossen, das stimmt nicht. Das Gesundheitsamt hatte laut Nachfrage im bezirklichen Gesundheitsausschuss die Hotel-Besitzerin nur für die Vorraussetzungen für den Kammerjäger beraten.