Interessensvertretungen in bezirklichen Pflegeeinrichtungen

Mündliche Anfrage der Bezirksverordneten Katharina Marg (LINKE)

Mündliche Anfrage Nr. 10 zur 29. Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung am 20.03.2019

 

Bezirksverordnete Marg – Interessenvertretungen in bezirklichen Pflegeeinrichtungen

Frage 1:

In welchen bezirklichen Pflegeeinrichtungen gibt es Bewohner*innenbeiräte im Sinne des Wohnteilhabegesetz – WTG §9 und der Wohnteilhabe-Mitwirkungsverordnung, in welchen Einrichtungen fehlt eine solche Interessensvertretung, weshalb?

Frage 2:

Wie unterstützt das Bezirksamt die Prävention von Gewalt & Mängeln in Pflegeeinrichtungen

Nachfrage 1:

Sind Pflegeleitbilder aller Träger transparent einsehbar und wird deren Einhaltung kontrolliert?

Nachfrage 2:

Arbeitet die Heimaufsicht mit dem Bezirksamt zusammen, um Mängel in bezirklichen Pflegeeinrichtungen zu beseitigen?

 

Die mündliche Anfrage der Bezirksverordneten Marg beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Die Überprüfung der Selbstbestimmungsrechte und der Mitwirkungsverordnung ist Aufgabe der Heimaufsicht, daher liegen dem Bezirk keine Informationen vor. Die Heimaufsicht hat ihre Prüfrichtlinien zur Durchführung von Aufsichtsprüfungen in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen im Internet veröffentlicht. Da diese sehr umfangreich sind, verweise ich auf den Link des Landesamts für Gesundheit und Soziales (https://www.berlin.de/lageso/soziales/heimaufsicht/downloads/). Hier sind sowohl die Richtlinien als auch die Anlagen mit den konkreten Fragen hinterlegt.

 

Zu Frage 2:

In stationären Einrichtungen finden keine Hausbesuche durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialamtes statt. Bei Beschwerden werden die Bewohnerinnen und Bewohner bzw. deren Angehörige oder Betreuer darüber informiert, dass sie sich an die Heimaufsicht wenden können. Falls sich Hinweise häufen oder gravierende Mängel oder gar Gewaltvorwürfe eingehen, gibt es eine interne Abstimmung, dass die Fachstelle des Pflegefachcontrollings vom Sachgebiet Hilfe zur Pflege  hierüber informiert wird. Eine Kontaktaufnahme mit dem Hinweisgeber und ggf. ein Besuch in der stationären Einrichtung ist möglich. Derartige Hinweise gehen sehr selten beim Amt für Soziales ein.

[Nur als Hinweis, falls eine Nachfrage zum letzten Satz kommen sollte: In den letzten beiden Jahren wurden zwei Besuche durchgeführt, dabei wurden die Sachverhalte sowohl mit den Bewohnern als auch den verantwortlichen Pflegekräften besprochen. Hierbei wurden aber keine gewichtigen Mängel festgestellt, sondern eher Probleme bei der Kommunikation.]

In betreuten Wohngemeinschaften werden die pflegebedürftigen Menschen, die ambulante Leistungen des Sozialamtes Tempelhof-Schöneberg erhalten, regelmäßig von den zuständigen Mitarbeiterinnen (Pflegefachkräfte und Sozialpädagoginnen/Sozialarbeiter) des Sozialamts besucht, um den Pflegebedarf zu ermitteln und festzustellen bzw. die Durchführung zu überprüfen. Hierbei wird das berlinweite Standard-Instrument „Individuelle ambulante Pflegegesamtplanung“ (IAP) genutzt. Wenn die Mitarbeiterinnen beim Hausbesuch Mängel feststellen oder Hinweise von den pflegebedürftigen Menschen oder ihren Angehörigen bzw. Betreuten erhalten, werden diese mit einem Meldebogen an die Mitarbeiterinnen des Pflegefachcontrollings weitergegeben. Hier erfolgen weitere Überprüfungen und ggf. wird die Wohngemeinschaft erneut aufgesucht und eingehender geprüft, soweit es die begrenzten Rechte des Trägers der Sozialhilfe zulassen. Überprüfungen in Bezug auf betreute Wohngemeinschaften erfolgen mehrmals im Jahr.

                  

Zu Nachfrage 1:

Ein Pflegeleitbild ist die umfassende und schriftliche Darstellung des Pflege-(selbst)Verständnisses der Pflegeorganisation und der pflegerischen Ziele einer Pflegeeinrichtung. Pflegeleitbilder treffen somit Aussagen zur Qualität eines Pflegedienstes. Es gibt allerdings keine rechtliche Verpflichtung, ein Pflegeleitbild vorzuhalten. Welche ambulanten und stationären Pflegedienstleister über ein Pflegeleitbild verfügen, ist dem Amt für Soziales nicht bekannt. Seriöse Pflegedienstleister werden in aller Regel über ein schriftlich fixiertes Pflegeleitbild verfügen und dieses in geeigneter Weise veröffentlichen, z.B. auf ihren Websites. Das Sozialgesetzbuch und hier insbesondere § 113 SGB XI stellt hohe Qualitätsanforderungen an die ambulanten und stationären Pflegedienstleister. Alle Pflegedienstleister sind verpflichtet, Qualitätskonzepte vorzuhalten. Qualitätsprüfungen sind im SGB XI § 113 ebenfalls verankert und erfolgen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Auch die Heimaufsicht überprüft die Prozessqualität der Pflegeeinrichtungen. Über die  Kontrolle der Einhaltung der Qualitätskonzepte erfolgt indirekt auch die Überprüfung ggf. vorhandener Pflegeleitbilder.

Das Gesundheitsamt teilt mit, dass die Aufgaben des Gesundheitsamtes bei der Überwachung von Pflegeeinrichtungen insbesondere im Infektionsschutzgesetz geregelt sind und in der Hauptsache die Vermeidung nosokomialer Infektionen betreffen und die Einhaltung von Hygienestandards. Pflegeleitbilder zu kontrollieren gehört  grundsätzlich nicht dazu. Wie diese umgesetzt werden, beeinflusst aber indirekt auch die Umsetzung von hygienerelevanten Maßnahmen.

Zu Nachfrage 2:

Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung initiiert seit 2015 wiederkehrende gemeinsame Sitzungen mit den bezirklichen Ämtern für Soziales und der Heimaufsicht. Dies hat die Qualität der Zusammenarbeit deutlich verbessert. Eine wünschenswerte engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen ist aufgrund mangelnder rechtlicher Grundlagen leider nicht möglich. Die Bezirke erhalten weder eine Auskunft über die gemeldeten Wohngemeinschaften im Bezirk noch die Prüfberichte für betreute Wohngemeinschaften im Bezirk. Damit ist keinem Bezirk bekannt, wie viele und an welchen Orten sich Wohngemeinschaften befinden. Hier gibt es noch sehr viel Verbesserungspotential, das sich aber nur durch eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ämter für Soziales erschließen ließe.

Das Gesundheitsamt teilt mit, dass grundsätzlich, unter Einhaltung der gesetzlichen Möglichkeiten, gegenseitig informiert wird bzw. auch (Nach)Begehungen gemeinsam durchgeführt werden.