Erfüllt die Berliner Schulbauoffensive (BSO) die an sie gestellten Erwartungen?

Kleine Anfrage, Elisabeth Wissel (LINKE)

Kleine Anfrage gem. § 39 GO BVV –lfd. Nr. 0455/XX – der Bezirksverordneten

Frau Elisabeth Wissel (Die Linke)
über

Erfüllt die Berliner Schulbauoffensive (BSO) die an sie gestellten Erwartungen?

Sehr geehrter Herr Böltes,

die vorbezeichnete Kleine Anfrage beantworte ich für das Bezirksamt wie folgt:

Frage 1
Wie viele Schulplätze (aufgeschlüsselt nach Schule und Schulform) fehlen 2020/21 in Tempelhof-Schöneberg, und sind die falschen Hochrechnungen (wie über die Medien zu erfahren war) korrigiert?

Antwort zu 1)
Die in den Medien veröffentlichten Hochrechnungen, auf die mit der Anfrage Bezug genommen wird, betreffen das Schuljahr 2021/22.
Grundsätzlich erfolgt die Defizit- und Bedarfsanalyse im Rahmen der Schulentwicklungsplanung nicht auf der Basis einzelner Schulen. Für die Grundschulen gilt als Planungsraum die Schulplanungsregion, da der Bedarf regional unter Berücksichtigung altersangemessener Schulwege und entsprechend festgelegter Einschulungsbereiche zu decken ist. Diese Einschulungsbereiche werden regelmäßig überprüft und ggf. bedarfsorientiert angepasst.
Für die weiterführenden Schulen gilt der gesamte Bezirk der Planungsraum, da in diesen Fällen keine Schuleinzugsgebiete definiert werden.
Im Ergebnis des letzten Monitoringgespräches mit den Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Familie sowie der Santsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen im Zuge der Fortschreibung der SchulentwicklungsplaFür die Region Schöneberg bedeutet das ein prognostiziertes Defizit von etwa 160-, für die Region Friedenau von 320-, für die Region Tempelhof von 270-, für die Region Mariendorf von 320- und für die Region Lichtenrade von 220 Grundschulplätzen. Für die Region Marienfelde wird derzeit kein Defizit prognostiziert, was jedoch voraussetzt, dass weiterhin weniger als 70 % der Kinder in der Region einen Schulplatz benötigen (unterdurchschnittliche Strukturquote) und diesen weiterhin in Steglitz-Zehlendorf oder an Privatschulen finden. Die durchschnittliche Strukturquote liegt im Bezirk bei fast 90%.
Für den Bereich der Integrierten Sekundarschulen wird im Ergebnis des Monitoring 2019 für das Schuljahr 2021/22 ein Defizit von ca. 870 Schulplätzen- und für den Bereich der Gymnasien ein Defizit von ca. 270 Schulplätzen erwartet.
Ausschließlich diese Daten bilden die Grundlage der Schulentwicklungsplanung für Tempelhof-Schöneberg und für Berlin.

Frage 2
Gibt es inzwischen Verträge zwischen dem Bezirksamt und der HOWOGE für Sanierung und Neubauprojekte, bzw. wann sind diese zu erwarten?

Antwort zu 2)
Für die Bezirke, in deren Bereich die HOWOGE tätig werden soll, wurde ein landeseinheitlicher Rahmenvertrag Ende 2018 / Anfang 2019 abgeschlossen. Als Vertragspartner traten neben der Senatsverwaltung für Finanzen und der HOWOGE alle entsprechenden Bezirke auf.
Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hat diesen Rahmenvertrag am 17.01.2019 mitgezeichnet; dieser Rahmenvertrag legt u.a. fest, dass eine spezifische Projektvereinbarung zwischen dem Schulträger und der HOWOGE zu schließen ist, nachdem ein bestätigtes Sanierungskonzept bzw. ein bestätigtes Bedarfsprogram (im Falle eines Neubaus) vorliegt. Nach Vorliegen einer Entwurfsplanungsprüfung sollen dann der jeweilige Bezirk und die HOWOGE einen Mietvertrag abschließen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat das Bezirksamt mit der HOWOGE für die zu übertragenden Bauaufgaben weder einen Projektvertrag noch einen Mietvertrag abgeschlossen, da die erforderlichen Voraussetzungen noch nicht vorliegen

Frage 3
Aus welchen Gründen ist die Abgabe von Schulgebäuden an die HOWOGE noch gerechtfertigt, da die Schulen jetzt gebraucht werden und nicht erst 2026 oder 2030?

Antwort zu 3)
Die Berliner Schulbauoffensive stellt allein aufgrund des hohen Investitionsvolumens
für Sanierungs- und Neubaumaßnahmen innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren eine ungewöhnlich komplexe und ehrgeizige Aufgabe dar. Vor diesem Hintergrund beschlossen der Senat von Berlin sowie das Abgeordnetenhaus die vorhandenen Ressourcen für Bauherrenaufgaben möglichst umfassend (und nach einem geregelten Verfahren) zu nutzen, einschließlich der entsprechenden Ressourcen der HOWOGE.

Frage 4
Wären die in TS kostengünstig für 2,2 Mio. entstandene Holzbauten für 180 Schulplätze nicht ein besseres und kostengünstigeres Projekt als der jetzige planungsmäßige Schulausbau, für den 2026 vielleicht ein niedrigerer Bedarf vorliegt?

Antwort zu 4)
Die kostengünstig erstellten modularen Holzbauten dienen primär dem Ziel der schnellen Verfügbarkeit von temporären Ausgleichs- und Ersatzflächen unter Gewährleistung pädagogischer und ökologischer Standards. Gleichwohl sind sie allein aufgrund ihres Programmes nicht zu vergleichen mit einem „konventionellen Neubau nach Musterraumprogramm“. So verfügen die modularen Holzbauten (DFK 1.0) beispielsweise nicht über die erforderlichen Fach- und Verwaltungsräume, welche aufgrund ihrer Funktion zu einem deutlich erhöhten Installationsaufwand und Flächenbedarf führten.
Diese Holzbauten sollen primär einer Entflechtung von schulischen Nutzungsprozessen und zeitgleichen Bauprozessen ( Sanierung, Umbau und Erweiterung) an bestehenden Schulstandorten dienen.

Frage 5
Wie lange wird die Bindung an der von der HOWOGE gebauten/sanierten Schulgebäude sein, bzw. sind die Laufzeiten (15-37 Jahre) unterschiedlich und von was abhängig?

Antwort zu 5)
(siehe Antwort zu Frage 2)

Frage 6
Sieht das Bezirksamt durch die BSO die einheitliche Bildungspolitik und damit in den Bezirken in Gefahr?

Antwort zu 6)
Laut Grundgesetz ist die Bildungspolitik Sache der Bundesländer. Im Land Berlin werden für den Schulbereich die Lehrpläne und damit die Inhalte der schulischen Bildung durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie vorgegeben. Weiterhin existiert in Berlin das Berliner Schulgesetz, das mit seinen gesetzlichen Regelungen den Rahmen für die Bildungspolitik im Land Berlin vorgibt.
Auch für Schulneubauten und für die Sanierung von Schulgebäuden bilden die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie erarbeiteten Musterraumprogramme
die grundsätzlichen Vorgaben für die Anzahl an Schulräumen sowie Raumgrößen an den einzelnen Schulstandorten. Insofern sieht das Bezirksamt die einheitliche Bildungspolitik durch die BSO nicht in Gefahr.

Frage 7
Wie hoch sind die qm-Mieten für unseren Bezirk?

Antwort zu 7)
(siehe Antwort zu Frage 2; die entsprechenden Musterverträge werden z.Zt. geprüft)

Frage 8
Ist zu erwarten, dass der Schulbau und die Sanierung durch die BSO teurer wird als der planungsmäßige Ausbau durch den Bezirk, wenn ja, aus welchen Gründen?

Antwort zu 8)
Durch die Berliner Schulbauoffensive (BSO) werden die Aktivitäten der zahlreichen Rollenträger gebündelt und durch zusätzliche Strukturen (u.a. durch die Gemeinsame Geschäftsstelle oder die Regionalverbünde) koordiniert. Auch bestehende Prozesse konnten bereits zugunsten eines zügigen und ergebnisorientierten Handelns angepasst werden. Das Bezirksamt begrüßt und unterstützt aktiv die Umsetzung der Ziele der BSO, insbesondere auch die begleitende finanzpolitische Schwerpunktsetzung zu-gunsten des Handlungsfeldes Bildung.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Oltmann
Bezirksstadtrat und
stellv. Bezirksbürgermeister

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