Beschluss über den sich aus der Abwägung der erneuten Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange und der erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit ergebenden Bebauungsplanentwurf 7-29 für die Grundstücke EUREF-Campus, EUREF-C

Änderungsantrag, BV Dr. Christine Scherzinger, LINKE

Die BVV möge beschließen,

dass die Voraussetzungen gemäß § 33 Absatz 1 BauGB (Planreife) für das Vorhaben der Innenbebauung des Gasometergerüsts (Baufeld 10, EUREF-Campus 17) innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplanentwurfs 7-29 noch nicht vorliegen.

 

Begründung:
Die Abwägung ist zu verschiedenen Themenbereichen unsachgemäß und widersprüchlich. Vier Themenbereiche werden im Folgenden aufgeführt: Denkmalschutz, Erschließung des Vorhabengebiets, Verkehrssituation BVG und Verschattung.

1. Denkmalschutz:

Die Argumente zum Denkmalschutz werden in der Abwägung nicht sachgerecht behandelt. a) wird behauptet, der erhöhte Innenausbau entspräche dem historischen Bild und sei deswegen denkmalgerecht. Zitat, Abwägung Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 4a Abs. 3 BauGB, Seite 20 ff: „...dem Denkmalschutz wird durch die weitgehende Freihaltung des obersten Rings Rechnung getragen. Die geplante Höhe und Kubatur des Neubaus soll das ursprüngliche Erscheinungsbild des gefüllten Gasometers wieder erkennbar machen.“ b) wird behauptet, der Denkmalschutz müsse gegenüber den privaten und öffentlichen Interessen zurückstehen. Zitat, Abwägung Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 4a Abs. 3 BauGB, Seite 22 ff, Zitat: „Die denkmalpflegerischen Belange wurden dazu mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Planung eingestellt, unterliegen aber nach § 1 Abs. 7 BauGB der Abwägung mit den anderen öffentlichen und privaten Belangen des Bebauungsplans.

Wenn a) richtig ist, muss b) falsch sein und umgekehrt. Das ist ein Widerspruch, der wie folgt begründet wird:  Den zahlreichen AnwohnerInnen (siehe z. B. S 434), die in Stellungnahmen berichteten, dass der Gasometer der Regel nur in den Nachtstunden bis nach oben ausgefahren war, wird die Antwort a) entgegengehalten. Gegenüber der Argumentation des Landesdenkmal-amtes und gegenüber Stellungnahmen, die den Verlust des stadtbildprägenden Charakters befürchten, wird die Antwort b) gewählt. Der Widerspruch ist nur aufzulösen, mit einer tatsächlich denkmalgerechten Planung, die die oberen zwei Felder freilässt.

2. Erschließung des Vorhabengebiets:

Die Erschließung ist nicht gesichert. Stellungnahmen, die darauf hingewiesen haben, wurden nicht sachgerecht abgewogen. In Stellungnahme 325 beispielsweise wurde gefordert, die Straßenverkehrsfläche im Bebauungsplanverfahren festzulegen, so wie es nach §9, Absatz 11 vorsieht. In der Abwägung wurde entgegnet, ein § 1, Absatz 9 des Baugesetzbuches existiere nicht. Das Problem der Erschließung blieb somit im Bebauungsplanverfahren ungelöst: Die Torgauer Straße ist auf einer Länge von rund 60 m zwischen 7,3 und 8 m breit. Die Mindestbreite der Straße sollte überall 10 m betragen, damit 3 m für den Bürgersteig und zwei Fahrbahnen von je 3,50 m Breite für Autos und Fahrradfahrer zur Verfügung stehen. 

Dieser Mindestquerschnitt ist erforderlich, um die Nutzung entsprechend des Berliner Mobilitätsge-setzes gefahrlos für alle Verkehrsteilnehmer zu gestalten. Dieser Straßenquerschnitt wäre auch erforderlich, um für das Kerngebiet EUREF im Falle einer Havarie eine problemlose Zu- und Abfahrt der Rettungskräfte zu gewährleisten.

Als weiteres Problem kommt auf den Bezirk zu, dass die Finanzierung des Ausbaus der Torgauer Straße nicht gesichert ist, da kein Erschließungsvertrag mit dem Vorhabenträger abgeschlossen wurde.

3. Verkehrssituation BVG:

Die BVG befürchtet in ihrer Stellungnahme, dass ihre Busse im Sachsendamm und in der Dominicusstraße in Zukunft noch mehr als bisher schon ausgebremst werden und legt dabei die Zahlen des Verkehrskonzepts zum Gasometer zugrunde. Seite 12 ff der Abwägung der TÖP,  Zitat: „In Summe muss man dann wohl davon ausgehen, dass sich die ÖPNV-Fahrzeiten im betrachteten Untersuchungsgebiet um 1 bis 2 Minuten je Bus erhöhen werden.“

Zusammenfassend formuliert die BVG: „Befremdlich klingt dann auch die Formulierung in Kap. IV.2. der Begründung, dass ein Knotenpunkt bereits im Nullfall nicht leistungsfähig ist und daher der durch das Plangebiet verursachte Mehrverkehr keine nachweisbaren negativen Auswirkungen haben soll.“

Die Abwägung reagiert unsachgemäß, indem sie zur Verteidigung des Plans darauf hinweist, dass die anderen Verkehrsteilnehmer ja noch viel schlimmer sind, Zitat: „Die Mehrbelastungen am Knotenpunkt im Prognose-Nullfall sind deutlich größer als die Mehrbelastungen durch das betrachtete Vorhaben. Insgesamt ist es so, dass die Mehrbelastung durch das Vorhaben im Vergleich mit der bereits vorhandenen Verkehrsbelastung (Analyse wie Prognose-Nullfall) in einer solch geringen Ausprägung ausfällt, dass sie für die Bewertung der Verkehrsqualität an dieser Stelle keinen signifikanten Einfluss hat.“

4. Verschattung:

In zahlreichen Stellungnahmen wurde auf die zusätzliche Verschattung durch den erhöhten  Innenausbau des Gasometers für die Parkanlage nördlich in den Mittagsstunden der Winter-monate und für den östlich gelegenen Cheruskerpark in den Nachmittags- und Abendstunden in den Sommermonaten hingewiesen.

Allen diesen Stellungnahmen wird mit der gleichlautenden Bemerkung begegnet, Seite 164 ff: „Zum Aspekt der Verschattung siehe vertiefend die Abwägung der Stellungnahme Nr. 270.3.“

Dort findet sich jedoch kein einziges Wort zur Verschattung der beiden Parks. Alle Stellung-nahmen, die sich mit der Verschattung von Parks und Straßenräumen beschäftigt haben, wurden de facto nicht behandelt in der Abwägung. Zahlreiche Stellungnahmen beschäftigten sich mit der Verschattung von Wohngebäuden, manchmal werden die Adressen genannt.

Allen Stellungnahmen wurde in der Abwägung entgegengehalten, Zitat Seite 548 ff: „Der fachgutachterlich erstellten Schattenstudie zufolge verbleibt bei allen von durch den Neubau im Gasometer-Gerüst zusätzlicher Verschattung betroffenen Gebäuden eine Besonnungsdauer von mindestens einer Stunde. Die Anforderungen nach DIN 5034 (2011) zur Mindestbesonnungsdauer von Wohngebäuden im Umfeld werden durch den höheren Innenausbau des Gasometers nicht unterschritten.“

Nach geltender Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg sind die allgemeinen Anforde-rungen an die Besonnung für Wohnungen noch als gewahrt anzusehen, wenn am 21. März/21.September (Tag-Nacht-Gleiche) eine Besonnung von zwei Stunden gegeben ist – nicht eine Stunde!

Die Abwägung behauptet, die Verschattung sei hausnummerngenau untersucht worden. Aber die Ergebnisse werden den Betroffenen nicht genannt, wenn sich Stellungnahmen auf bestimmte Adressen beziehen.

Fraktion DIE LINKE.

Elisabeth Wissel                                                                                Dr. Christine Scherzinger