Abtransport des Damwilds aus dem Tempelhofer Franckepark

Rede in der BVV, BV Martin Rutsch

Herr Vorsteher, meine Damen und Herren,

am 7. Februar hat das Bezirksamt Fakten geschaffen: Das Damwild im Franckepark, so wie wir es kennen, ist Geschichte. Fakt ist, dass das Bezirksamt sich damit nicht viele Freunde gemacht hat. Fakt ist auch, dass das Bezirksamt bewusst gegen die bestehende Beschlusslage der BVV gehandelt hat.

Das mag legal sein – schließlich darf die BVV nur „Verwaltungshandeln anregen“ und steht einem Bezirksamt, das mit dem Kopf durch die Wand will, im Zweifelsfall machtlos gegenüber. Ob es legitim ist, sich so offensichtlich gegen einen BVV-Beschluss und die Interessen von Anwohnenden zu widersetzen, mag zu einem anderen Zeitpunkt entschieden werden.

Das Bezirksamt konnte nur so handeln, weil eine politische Mehrheit, 28 von 55 Verordnete (oder 50,9 Prozent), das Agieren der Verwaltung stillschweigend akzeptiert hat. Die einen mehr, indem sie mit einem Antrag die Auflösung des Geheges beschließen wollten – die anderen weniger, indem sie gerade diesem Antrag die Zustimmung verweigert haben und somit die BVV stumm gegenüber dem Bezirksamt machten und ihm freie Hand ließen.

Dass eine Politik mit dem Kopf durch die Wand einem Kopf nicht immer zuträglich ist, zeigt der Umgang mit dem Thema Tierschutz durch das Bezirksamt. Ich verstehe jeden, der aus Tierschutzgründen offen die Auflösung des Geheges fordert. Das ist legitim. Dass das Gehege in seiner damaligen Form gegen Auflagen des Tierschutzes verstoßen hat, war bekannt und sollte nicht geleugnet werden. Die Konsequenzen wurden unterschiedlich gezogen: 26 Verordnete wollten die Bedingungen an den Tierschutz anpassen, 13 Verordnete wollten das Gehege offen abschaffen – 15 Verordnete hatten eine Position, die weder Fisch noch Fleisch war. Allen war jedoch in der Debatte gleich, dass in der Abwägung der Tierschutz eine Rolle gespielt hat. Niemandem kann von der anderen Seite vorgeworfen werden, den Tierschutz außer Acht gelassen zu haben.

Das Verhalten des Bezirksamtes zeigt aber, dass der Tierschutz nur Vorwand und keine eigene Handlungsrichtlinie war. Und das ist das eigentlich Ärgerliche an den Ereignissen der letzten Wochen. Das Bezirksamt ist niemals müde geworden, Tierschutzargumente für die Auflösung des Geheges ins Feld zu ziehen und für die Umsiedlung der Tiere ins Glauer Tal zu werben. Doch als der Hirsch mit dem Seil in Not war, selbst mehr denn je Tierschutz benötigte, wo war da das Bezirksamt? Hier hätte das Bezirksamt zeigen müssen, dass Tierschutz nicht nur Worte, sondern auch Taten umfasst. Hier hätte das Bezirksamt unmittelbar und unverzüglich helfen müssen und den Hirsch aus seiner Lage befreien müssen. Doch was ist passiert? Das Bezirksamt hat gewartet und gewartet, Zeit verstreichen lassen, und hat schlussendlich die Situation als Vorwand missbraucht, um den Transport ins Glauer Tal zu rechtfertigen. Wo konkretes Eingreifen notwendig gewesen wäre, hat das Bezirksamt ein taktisches Kunststück vollzogen – ein absehbares und durchschaubares Manöver, das nicht nur auf dem Rücken des Hirschen, sondern auch auf dem der Anwohnenden in Tempelhof ausgeführt wurde. Das Damwild in Tempelhof ist Geschichte – am Ende  nicht wegen des Tierschutzes, sondern wegen schlichter politischer Doppelmoral.

Doch Geschichte ist Geschichte und jetzt gilt es nach vorn zu schauen. Das Bezirksamt will das Gehege auflösen, die weiterführenden Pläne für den Franckepark sind weithin bekannt. Wir müssen jetzt eine Lösung finden, die endlich im Sinne der Anwohnenden ist, die zumindest das Gehege erhalten wollen. Ein Zurück zum Damwild wird es nicht geben, aber wir können uns vorwärts auf Menschen vor Ort zubewegen, um eine Lösung zu finden, die im allgemeinen Interesse ist. Konsens statt Konfrontation – das sollte die Schlussfolgerung aus den letzten Ereignissen im Franckepark sein. Ich kann alle Fraktionen nur dazu aufrufen, insbesondere die, deren Haltung zuletzt nicht ganz klar war, an einer gemeinsamen Lösung für das Gehege und seine Zukunft zu arbeiten. So erhalten wir auch eine tragfähige Beschlusslage, die ein klares Signal für die Tempelhoferinnen und Tempelhofer sein kann. Das erwarten die Leute von uns und wir sollten dieser Erwartung gerecht werden.

Vielen Dank.