Willensbekundung „Keine weitere Privatisierung und keine Zerschlagung der Berliner S-Bahn“ (Drs. 1623/XX)

Rede in der BVV, BV Martin Rutsch

Herr Vorsteher, meine Damen und Herren,

inmitten von Corona gehen einige Themen unter. Eines dieser Themen ist die S-Bahn-Ausschreibung für die Nord-Süd-Strecke und die Stadtbahn. Was von den Befürwortern als heilsame Zerschlagung eines Monopols gefeiert wird, löst zurecht schwere Bedenken in der Zivilgesellschaft als auch bei Gewerkschaften aus.

Die Logik vieler Befürworter ist einfach: Als Sündenfall wird die Berliner S-Bahn-Krise von 2009 hergenommen. Damals, so die Argumentation, wäre das Monopol durch die DB der wesentliche Grund für die Krise gewesen. Also lautet die Konsequenz: Zerschlagung des Monopols zugunsten anderer Anbieter in der Hoffnung, dass der Wettbewerb es schon richten wird. Es ist schon eine verquere Logik, wenn man etwas heranziehen muss, das schon über 10 Jahre her ist. Und darüberhinaus: Schlechtere Servicequalität, Verlust des bisherigen Tarifniveaus für die Beschäftigten und Kompetenzgerangel zwischen vielen Anbietern werfen ihre Schatten voraus. Hier gilt nicht das Credo „Der Markt wird’s schon richten“ - sondern eher die Weisheit „Zu viele Köche verderben den Brei.“.

Tempelhof-Schöneberg wird über die Ringlinie, für die die DB bereits das Los hat, und die Nord-Süd-Strecken von der Ausschreibung betroffen sein. Wenn wir in Richtung eines noch attraktiveren Nahverkehr gehen wollen, dann ist die aktuelle Ausschreibung – zumindest so, wie sie gestrickt ist – ein klarer Rückschritt.

Eines ist uns natürlich auch klar: Die Deutsche Bahn ist formell privatisiert und es gebe sicherlich bessere Alternativen. Und das Bundesrecht sieht eine Ausschreibung auch vor – wenn auch nicht zwangsläufig unter den jetzigen Bedingungen. Doch das Ziel aus unserer Sicht ist doch eine S-Bahn in öffentlicher Hand und in öffentlicher Kontrolle. Doch dafür muss eines gewährleistet sein – nämlich, dass die S-Bahn in einer Hand bleibt und vor der Zerschlagung geschützt wird. Die jetzige Ausschreibung rollt in die falsche Richtung und provoziert das, vor dem sie immer warnt – nämlich eine neue S-Bahn-Krise. Wir bekunden unseren Willen, dass der Zug nicht vor die Wand gefahren wird und deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserer Vorlage.