Verkauf von Häusern im Milieuschutzgebiet

Am Immobilienmarkt werden die größten Profite nicht durch Vermietungen, sondern durch Verkaufsgewinne gemacht. Wer ein Mietshaus erwirbt und ein paar Jahre abwartet (oft ohne sich um das Haus zu kümmern), kann es im Moment zum deutlich höheren Preis wieder verkaufen. Ein Ende der Preisspirale ist noch nicht in Sicht.

Verkäufe im Milieuschutzgebiet unterliegen besonderen Regelungen:

Vorkaufsrecht des Bezirks:

Innerhalb von 2 Monaten nach dem Verkauf – bzw. nachdem der notariell beurkundete Kaufvertrag dem Bezirksamt vorliegt – kann der Bezirk sein Vorkaufsrecht geltend machen und in den abgeschlossenen Kaufvertrag anstelle des Erwerbers eintreten.

Er kann dies in eigenem Namen, oder zugunsten eines Dritten tun. Dritte können beispielsweise landeseigene Wohnungsunternehmen sein, aber auch Stiftungen, Genossenschaften oder ein Zusammenschluss der Mieter_innen.

Bei einem spekulativ überhöhten Kaufpreis (was als ein solcher zu gelten hat, das ist auslegungsbedürftig und rechtlich umstritten) hat der Bezirk das Recht, anstelle des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises nur den (günstigeren) Verkehrswert zu bezahlen (auch hier gehen die juristischen Auffassungen auseinander, wie der zu ermitteln ist).

Abwendungsvereinbarung:

Der Erwerber hat das Recht, den Eintritt des Bezirks in seinen Kaufvertrag abzuwenden, indem er eine Abwendungserklärung abgibt oder mit dem Bezirk eine Abwendungsvereinbarung abschließt. Eine einseitige Abwendungserklärung des Erwerbers wird wirksam, wenn der Bezirk ihr zustimmt.

In dieser Erklärung oder Vereinbarung sichert der Erwerber zu, die Regelungen der Milieuschutzverordnung einzuhalten – was ja selbstverständlich ist, denn geltende Gesetze sind einzuhalten. Darüber hinaus sollte er also weitergehende Verpflichtungen zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung übernehmen. Dies kann zum Beispiel der Verzicht auf zulässige, aber kostenintensive Modernisierungsmaßnahmen sein, oder die Zusicherung, für eine längere Zeit als gesetzlich vorgeschrieben auf Umwandlung in Eigentumswohnungen zu verzichten.

Wenn solche Abwendungsvereinbarungen zeitlich an das Bestehen der Milieuschutzregelungen gebunden werden, besteht jedoch das Risiko der vorzeitigen Beendigung mit dem Ende des Milieuschutzes bzw. der Umwandlungsverordnung.

Was können Mieter_innen tun?

Wenn beispielsweise der Bezirk sein Vorkaufsrecht zugunsten eines landeseigenen Wohnungsunternehmens wahrnimmt, kann es vorkommen, dass diese ablehnt, weil die Mieten zu niedrig sind, um daraus den Kaufpreis zu refinanzieren. Wenn die Zuschüsse der Senatsverwaltung für Finanzen nicht ausreichen, können die Mieter_innen evtl. mit freiwilligen Mieterhöhungen einen Beitrag dazu leisten, dass das landeseigene Unternehmen doch zustimmt.

In anderen Bezirken ist es auch schon vorgekommen, dass Mieter_innen selbst gemeinsam ihr Haus gekauft haben. So hat das Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain für das Haus Zossener Straße 48 sein Vorkaufsrecht zugunsten einer Stiftung ausgeübt. Die Stiftung hat wiederum den Bewohner_innen, die sich unter dem Dach des Mietshäuser Syndikat organisiert haben, das Haus mit einem Erbbaurechtsvertrag überlassen.

Mit der neuen Genossenschaftsförderung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und die Investitionsbank Berlin (IBB) soll es unter anderem ermöglicht werden, dass Mieter_innen sich als Genossenschaft zusammen tun oder einer bestehenden Genossenschaft beitreten, die das Haus übernimmt.

Wegen der kurzen Frist von 2 Monaten für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Übernahme des Hauses in Selbstverwaltung durch die Mieter_innen sehr erschwert, denn gemeinsame Einigungsprozesse brauchen Zeit. Es empfiehlt sich daher, sich bei den ersten Anzeichen für einen beabsichtigten Verkauf zusammenzutun, oder vielleicht den Eigentümer zu fragen, ob ein Verkauf beabsichtigt ist. So konnte beispielsweise in Friedrichshain das Haus in der Seumestraße 14 ebenfalls mit dem Mietshäuser Syndikat und einer Stiftung direkt vom Eigentümer übernommen werden.

Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg übte 2015 sein Vorkaufsrecht für drei Häuser in der  Großgörschenstraße 25/26/27 und Katzlerstraße 10/11 aus, zum günstigeren Verkehrswert und zugunsten der landeseigenen Gewobag. Verkäufer war die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), ein öffentliches Unternehmen, das dem Bundesfinanzministerium untersteht. Die BImA klagte dagegen und gewann in der ersten Instanz vor dem Berliner Landgericht. Das Land Berlin ging in die Berufung, die Verhandlung vor dem Berliner Kammergericht soll am 18. Januar 2019 stattfinden.