Keine Inklusion und Barrieren bei bezirklichen Bauprojekten?
Mündliche Anfrage der Bezirksverordneten Katharina Marg (LINKE)
Wie wird sichergestellt, dass bei baulichen Projekten des Bezirks die Vereinbarungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) eingehalten und dass Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen umgesetzt werden.
Die Serviceeinheit Facility Management (= SE FM) teilt hierzu mit: „Die baulichen Projekte des Bezirkes verfügen entsprechend der Aufgabenstellungen über unterschiedlichste Maßnahmenumfänge und verschiedenste Komplexitätsgrade. Grundlegend sind hierbei Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen einzelner Bauteile oder Konstruktionszusammenhänge von umfassenden Sanierungs-, Umbau-, Erweiterungs- und/ oder Neubaumaßnahmen zu unterscheiden. Während bei Instandsetzungsmaßnahmen in der Regel keine oder nur bauteilbezogene Verbesserungen impliziert sind, werden bei umfassenden Baumaßnahmen in der Regel auch strukturelle Anpassungen vorgenommen. Investive Baumaßnahmen unterliegen im Land Berlin geregelten Verfahrensschritten. Diese reichen von der Bedarfsklärung und Sicherstellung der Finanzierung in Federführung der Bedarfsträger über die in Federführung der Baudienststellen zu leistenden nachfolgenden Planungsschritte (Vorplanungunterlage, Bauplanungsunterlage, Genehmigungsplanung und Ausführungsplanung) und die letztliche Baudurchführung. Neben den gesetzlichen Anforderungen (Bauordnung von Berlin, Sonderbauvorschriften etc.) ist die Anwendung des Handbuchs „Design for all“ als Planungsgrundlage anzuwenden und die zuständige Beauftragte für Menschen mit Behinderungen frühzeitig in den Planungsprozess einzubinden. Die einzelnen Planungsunterlagen (Bedarfsprogramm, Vorplanungsunterlage, Bauplanungsunterlage) werden fachlich (z.B. schulfachlich durch die SenBJF) sowie baufachlich durch die oberste bautechnische Prüfinstanz bei SenSBW bzw. im Mehr-Augen-Prinzip bei bezirksinterner Zuständigkeit geprüft.“ Das Straßen- und Grünflächenamt teilt mit: „Das Straßen- und Grünflächenamt befolgt die geltenden Ausführungsvorschriften. Im Fachbereich Straßen werden außerdem Knotenpunkte und Querungen mit dem Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin e.V. (ABSV) abgestimmt und entsprechend den Ausführungsvorschriften barrierefrei (aus-) gebaut. Zudem nehmen Mitarbeitende des Fachbereich Straßen an der AG Protektionselemente teil, bei der auch Vertretende des Behindertenvereins dabei sind.“
Wie wird die Umsetzung der UN-BRK mit Selbstvertretungen von und für Menschen mit Behinderung, mit der Beauftragten des Bezirks für Menschen mit Behinderung und mit Steuerungskreisen koordiniert?
Mindestens zwei Mal im Jahr findet die Steuerungsrunde Inklusion UN-BRK statt. Die ämterübergreifende Sitzung hat die Aufgabe, den Prozess zu steuern, Synergien zwischen den Fachstellen zu ermöglichen und relevante Faktoren für die Umsetzung zu diskutieren. Eingeladen sind dazu feste Ansprechpersonen der Ämter und Fachbereiche, die Schwerbehindertenvertretung, die Seniorenvertretung, der Beirat von und für Menschen mit Behinderung und die Vorsitzende des Frauen-, Queer- und Inklusionsausschusses. Steuerungsrunden finden zweimal im Jahr statt. Evaluation und Gespräche finden statt. Derzeit werden die Steuerungsrunden von der Beauftragten für Menschen mit Behinderung koordiniert. Seitdem Bezirksamtsbeschluss aus dem Jahr 2020 zum bezirklichen Inklusionskonzept hat es 6 Steuerungsrunden gegeben: Steuerungsrunde 1 im September 2021 Es ging um den aktuellen Umsetzungsstand, der im Mai 2021 eingeholt wurde und um Highlights aus und Probleme in den einzelnen Fachbereichen. Es wurde eine Jahresplanung vorgestellt, außerdem die Aufgaben der Ansprechpersonen und der zu erwartende zeitliche Umfang. In Gruppen wurden dann die nächsten Schritte erarbeitet und am Ende konnten alle Teilnehmenden ihre Meinung zur Sitzung und Wünsche für die nächsten Sitzungen äußern. Steuerungsrunde 2 im März 2022 Diese Steuerungsrunde fand pandemiebedingt online statt. Da sich die Kolleg_innen mehr theoretischen und praktischen Input wünschten, die Arbeit in Gruppen und Raum für Austausch bevorzugen, wurde die Sitzung ebenso gestaltet. Es gab einen Kurzworkshop zum Thema Alphabetisierung und Grundbildung und einen fachbereichsübergreifenden Austausch: Steuerungsrunde 3 im September 2022 Dieses Mal an einem anderen Ort: dem BEATS 42. Frau vom Scheidt vom Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein (ABSV) hat mit den Teilnehmenden eine Selbsterfahrung unter der Simulationsbrille gemacht. Außerdem berichtete Ein Mitarbeiter der Pressestelle, wie wichtig barrierefreie Dokumente sind und der Leiter der SE FM, welche Maßnahmen bereits umgesetzt worden sind, um das Rathaus Schöneberg barrierefreier zu machen (und was alles noch zu tun ist). Steuerungsrunde 4 im März 2023 Gemeinsam mit Aktivist*in Dana Cermane wurde diese Steuerungsrunde dem Thema Hören gewidmet. Dana Cermane hielt einen Vortrag zu Audismus. Audismus beschreibt die Diskriminierungsdimension, welche Taube Menschen auf struktureller, institutioneller und individueller Ebene benachteiligt und gesellschaftlich stark ausschließt. Hörende Menschen genießen dabei eine Vielzahl von Privilegien in allen Lebensbereichen. Der Vortrag beinhaltete Grundlagen und unterschiedliche Ebenen von Audismus, einen Einblick in Deaf History und Beispiele von Privilegien hörender Menschen. Frau Birth hat von ihrer Arbeit als Schwerbehindertenvertreterin und Frau Daus, 1. Vorsitzende des Beirats von und für Menschen mit Behinderung, von der Arbeit des Beirats berichtet. Die Beauftragte Frau Tank hat einen kurzen Input zum Thema Partizipation gegeben. Steuerungsrunde 5 im September 2023 Es gab einen Input zu „Psychische Erkrankungen - Verstecken, Erkennen, Ansprechen?“ von Frau Resa-Thomas, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, arbeitet im Gesundheitsamt im Fachbereich 3 (Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitshilfe für Erwachsene). Der Vortrag weckte bei den Teilnehmenden großes Interesse. Auch wurden die Maßnahmenpläne „Berlin Inklusiv“ mit den Beteiligten der Steuerungsrunde besprochen. Es wurde vereinbart noch in diesem Jahr zahlreiche Pläne in der Weiterbildung und bei den Übersetzungen in „Leichter Sprache“ und in Gebärden zu realisieren. Steuerungsrunde 6 im April 2024 Frau Beate Baumgärtner von den Mosaik Werkstätten (Sozialpädagogischer Dienst) und Frau Silke Groth von der Fachstelle Menschenkind (Fachreferentin für Care Management) gaben einen Input zu Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Außerdem sind Pläne für Maßnahmen die noch in diesem Jahr realisiert werden könnten erarbeitet worden. Die SE FM teilt hierzu ergänzend mit: „Bei öffentlichen Baumaßnahmen (hier gem. § 24 LHO) sind stufenweise zu vertiefende Konzepte Barrierefreiheit zu erarbeiten und mit der zuständigen Beauftragten für Menschen mit Behinderungen abzustimmen. Dies beginnt bereits im Rahmen der Erstellung des Bedarfsprogramms, um die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderungen sicherzustellen. Die Ergebnisse der jeweiligen Beratungs- und Abstimmungsgespräche werden Teil der Planungsunterlagen und damit verbindlich. Wenn erforderlich, werden externe Beratungsstellen und/oder Betroffenenverbände über die bezirkliche Beauftragte für Menschen mit Behinderungen (BfMmB) in den Planungsprozess einbezogen. Aufgrund bestehender historischer, teils denkmalgeschützter Bausubstanz sind im Einzelfall zu betrachtende Abweichungen von den Anforderungen des barrierefreien Bauens erforderlich. Dies ergibt sich häufig aus widerstreitenden gesetzlichen Forderungen und bedarf sachlich und funktional zu benennender Begründungen und abgestimmter Lösungsvorschläge. Hier ist die Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz herzustellen. Dies erfolgt in der Regel in gemeinsamen Abstimmungen der Baudienststelle und dem Bedarfsträger mit der BfMmB, der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesdenkmalamt. Im Rahmen der Prüfung des Bauantrages erfolgt die jeweils vorgeschriebene Einbindung der zu beteiligenden Gremien durch die Bauaufsichtsbehörde.“
An wie vielen, der seit 2021 stattfindenden sechs Steuerungsrunden des bezirklichen Inklusionskonzeptes, haben Vertreter:innen des Bezirksamts aus den Bereichen Facility Management und Stadtentwicklung teilgenommen bzw. nicht teilgenommen?
Die Serviceeinheit FM beteiligte sich an einer Steuerungsrunde und stand für längere Gespräche im Rahmen der Anpassungen des Inklusionskonzeptes zur Verfügung. Stadtplanung beteiligte sich an fünf Steuerungsrunden und stand für Gespräche im Rahmen der Anpassungen des Inklusionskonzeptes zur Verfügung.
Welche baulichen, Barrieren-verringernden-Maßnahmen werden 2024 und 2025 umgesetzt werden können?
Die SE FM teilt hierzu mit: „Nachfolgende, in 2024 oder 2025 umzusetzende Maßnahmen werden die Barrierefreiheit in den entsprechenden Gebäuden herstellen bzw. verbessern:
- Rathaus Schöneberg – Einbau von Türfeststellanlagen und elektromotorischen Türantrieben (Vorbereitung 2024, Umsetzung im laufenden Betrieb 2025-2027)
- Seniorenwohnhaus Rudolf-Wissell – Umbau/ Erweiterung durch Installation eines barrierefreien Aufzuges (Planung 2024, Umsetzung 2025)
- Seniorenwohnhaus Winterfeldtstr. 30 – Umbau/ Erweiterung durch Installation eines barrierefreien Aufzuges (Planung 2024, Umsetzung 2025)
- Besonderes Wohnhaus Alboinplatz 17-18 – Umbau/ Erweiterung durch Installation eines barrierefreien Aufzuges (Planung 2024, Umsetzung 2025)
- Friedenauer Gemeinschaftsschule, Standort Otzenstr.16/17 – Verbesserung der Barrierefreiheit – Aufzug und Sanitär (Planung 2024/2025, Umsetzung 2025/2026)
- Gustav-Heinemann-Oberschule – Ersatzneubau, barrierefrei (Fertigstellung 2024)
- Luise-Henriette-Gymnasium – denkmalgerechte Sanierung mit Schaffung der Barrierefreiheit (Fertigstellung Gebäude 2025) Etliche weitere Baumaßnahmen befinden sich in der Planung. (Teil-)Fertigstellungen erfolgen aber erst nach 2025.“
Dateien
- Beantwortung_Muendliche_Anfrage_19_-Inklusion-_31._BVV_am_19.06.2024.pdf
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