Verschiedene Fragen, im Umgang mit „Kund:innen“ des Jobcenters im Bezirk

Kleine Anfrage, Elisabeth Wissel (LINKE)

1.)   Welche Aufgaben hat eine Integrationsfachkraft (IFK) und welche Umstände entscheiden über deren Einsatz bei Gesprächen mit ALG II-Bezieher:innen?

Das vorrangige Ziel im Aufgabengebiet einer Integrationsfachkraft ist die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Vermittlung in eine Erstausbildung und anschließende Integration in das Erwerbsleben. Dazu erstellt die zuständige Integrationsfachkraft gemeinsam mit den Leistungsbeziehenden einen Eingliederungsplan, in dem festgelegt wird, mit welchen Schritten und Aktivitäten dieses Ziel erreicht werden kann. Die Eingliederungsvereinbarung regelt verbindlich, welche Eigeninitiative von den Leistungsbeziehenden erwartet wird und wie das Jobcenter dabei konkret unterstützt. Die Fähigkeiten und Stärken, aber auch mögliche Vermittlungshemmnisse der Leistungsbeziehungen werden dabei vollumfänglich berücksichtigt.

Wenn eine Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung nicht sofort gelingt, gibt es eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten, um Integrationsfortschritte zu erreichen und die Leistungsbeziehenden zu unterstützen. Die Integrationsfachkraft wählt und vereinbart mit den Leistungsbeziehenden die geeigneten Maßnahmen und überprüft in regelmäßigen Abständen, ob die gesteckten Ziele erreicht werden.

Die Zuständigkeiten im Fachbereich Markt und Integration richten sich nach der Bedarfsgemeinschaftsnummer (BG-Nummer), um Ressourcen der Leistungsbeziehenden im Sinne einer ganzheitlichen Betreuung besser zu erkennen.

Die Zuständigkeiten der Bereiche Leistungsgewährung richten sich ebenfalls nach BG-Nummern bzw. BG-Endziffern. Jedem Team des Bereichs Markt und Integration für Kundinnen und Kunden über 25 Jahre steht ein korrespondierendes Leistungsteam gegenüber, welches die gleichen BG-Endziffern betreut.

2.)   Wie viele IFKen gibt es im Jobcenter und wie lange dauert durchschnittlich deren zeitlicher Einsatz mit „Kund:innen“?

Derzeit sind 215 Mitarbeitende als Integrationsfachkräfte im Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg beschäftigt.

Eine statistische Erhebung zum durchschnittlichen zeitlichen Einsatz einer IFK mit Leistungsbeziehenden wird nicht geführt. Die Arbeit der Integrationsfachkräfte ist ausschließlich auf die Arbeit für Kundinnen und Kunden, überwiegend für den unmittelbaren Kundenkontakt ausgerichtet.

3.)   nnen die Betroffenen selbst über einen Abbruch und damit über einen Wechsel von der IFK zu einem/einer Fallmanager/in entscheiden?

Es wird davon ausgegangen, dass die Fragestellerin mit „Betroffene“ die Leistungsbeziehenden des Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg meint.

Ein Wechsel der Integrationsfachkraft erfolgt aus organisatorischen Gründen ausschließlich von Seiten des Jobcenters. Ein Wechsel in das Fallmanagement kann von Seiten des Leistungsbeziehenden selbst angestoßen werden, wenn besondere Lebensumstände oder gesundheitliche Einschränkungen der Leistungsbeziehenden intensivere Unterstützung notwendig machen und so auch komplexe Lebenslagen gemeistert, Lösungen gefunden und neue Wege gegangen werden müssen.

4.)   Wann erfolgt durch das Jobcenter eine Mietkostensenkungs-Aufforderung bei Erstantrag auf soziale Unterstützung (bitte genauen Zeitrahmen)?

Zurzeit erfolgen pandemiebedingt und aufgrund des vereinfachten Neuantrags nach § 67 Zweites Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) keine Kostensenkungs- Aufforderungen. Dies wird mindestens so lang andauern, bis das vereinfachte Verfahren pandemiebedingt ausläuft. Vor der Pandemie wurde der erste Förderweg berücksichtigt. Dies bedeutet, dass im Zuge der Anpassung festgesetzter Mieten an die neuen Werte aus der AV Wohnen (Höchstwerte) alle möglichen Zuschläge zu berücksichtigen sind, die auch bei einer erstmaligen Prüfung berücksichtigt würden. Liegen z.B. soziale Gründe vor, die bei der Prüfung der Angemessenheit (individueller Richtwert) zu einem 10%igen Zuschlag führen, so sind diese auch bei der Mietfestsetzung zu übernehmen. Des Weiteren kann bei Wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Kundinnen und Kunden im Falle von Neuanmietungen eine Erhöhung der abstrakten Mietobergrenze um 20% erfolgen, um so diese Situation zu beenden.

Es erfolgte vor der Pandemie bei zu hohen Mietkosten eine Anhörung innerhalb von 6 Monaten, um zu ermitteln, warum die Miete die entsprechende Höhe hat. Dann wurde nach weiteren 6 Monaten die Miete durch das Jobcenter festgesetzt, wobei die Mietkosten um 30% insgesamt erhöht immer berücksichtigt wurden.

5.)   Werden in jedem Fall die Qualifikationen der „Kund:innen“ bei Vermittlung in eine Maßnahme berücksichtigt, wenn nein, auf welcher rechtlichen Grundlage, wenn ja, gibt es dafür einen Zeitrahmen?

Im Rahmen des Erstgespräches und der gemeinsamen Erarbeitung eines Eingliederungsplans werden sämtliche Stärken und Fähigkeiten des Leistungsbeziehenden erfragt und bei Zuweisung in eine Maßnahme bzw. Ausgabe eines Gutscheins im Rahmen der jeweiligen Fördervoraussetzungen berücksichtigt. Grundsätzlich ergibt sich die Zumutbarkeit einer Arbeit oder Teilnahme an einer Maßnahme aus § 10 SGB II.

6.)   Ist das Jobcenter verpflichtet, sich Bewerbungsablehnungen der „Kund:innen“ vorlegen zu lassen? Wie verhält es sich bei telefonischen Bewerbungen?

Das Jobcenter ist grundsätzlich nicht verpflichtet Bewerbungsablehnungen anzufordern. Dies gilt auch bei telefonischen Bewerbungen.

7.)   In welcher Höhe werden die Kosten für Bewerbungsbemühungen der „Kund:innen“ erstattet, oder liegt dies im Ermessen der Sachbearbeitung?

Mit dem Vermittlungsbudget gem. § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III) steht den Integrationsfachkräften ein flexibles und am individuellen Bedarf ausgerichtetes Instrument zur Beseitigung vielfältiger Problemlagen zur Verfügung. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget ist eine Ermessensleistung, das Ermessen muss von den Integrationsfachkräften ausgeübt und dokumentiert werden.

8.)   Sind „Kund:innen“ verpflichtet auch befristete Jobangebote in anderen Bundesländern anzunehmen, wenn ja, wird dabei die persönliche Situation der Betroffenen berücksichtigt und wer übernimmt die dadurch entstehenden Kosten wie z.B. Fahrtkosten etc.?

Gem. § 2 SGB II müssen Leistungsbeziehende alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.

In Anlehnung an § 140 SGB III ist bei der Beurteilung der zumutbaren Pendelzeiten in der Regel die Entfernung zumutbar, die in der Region bei vergleichbaren Beschäftigten üblicherweise zwischen Wohnort und Arbeitsstelle anfallen.

Üblich sind Pendelzeiten, wenn sie nicht nur vereinzelt, sondern in größerem Umfang anfallen.

Als Vergleichswerte sind anzusetzen:

• zwei Stunden tägliche Pendelzeit bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu sechs und

• zweieinhalb Stunden tägliche Pendelzeit bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden

Das Gesetz erlaubt kein allgemeines Umzugsverlangen durch das Jobcenter. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung an einem anderen Ort als dem Wohnort ist daher stets eine freie Lebensentscheidung der leistungsberechtigten Person. Dahingehend kann somit nicht verbunden mit Leistungsminderungen eine Verpflichtung durch das Jobcenter ausgesprochen werden.

9.)   Wie verhält sich das Jobcenter bei gerechtfertigten Beschwerden ihrer „Kund:innen“, werden diesen in jedem Fall nachgegangen und eine Verbesserung in Aussicht gestellt?

Das Kundenreaktionsmanagement (KRM) des Jobcenters Berlin Tempelhof-Schöneberg ist eine neutrale und eigenständige Anlaufstelle für Kundinnen und Kunden. Dort können sie ihre Anliegen und Erfahrungen, die sich aus den Dienstleistungen des Jobcenters ergeben, vorbringen. Dabei fungiert das KRM als Vermittlungsstelle bei berechtigten Kundenanliegen.

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