Prekäre Arbeitsverhältnisse im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg

Kleine Anfrage, Elisabeth Wissel (LINKE)

  1. Macht das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg Gebrauch von Arbeitskräften in prekärer Beschäftigung (atypische Beschäftigungsverhältnisse)?

Antwort: Atypische Beschäftigung umfasst ein ganzes Bündel von unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen, die eines oder mehrere der folgenden Merkmale aufweisen:

  • Befristung
  • Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden
  • Geringfügige Beschäftigung als einzige bzw. hauptsächliche Tätigkeit
  • Zeitarbeitsverhältnis
  • Niedriglohnbeschäftigung

Die beiden letztgenannten Formen finden sich im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht wieder.

Beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin sind sowohl befristet Beschäftigte als auch mit höchstens 20 Wochenstunden Teilzeitbeschäftigte tätig. Keineswegs sind alle dieser Beschäftigungen prekär; weit überwiegend entsprechen sie den diversen Wünschen und Lebenslagen der Beschäftigten.
 

2. Wenn ja, für welche Tätigkeiten werden Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen beim Bezirksamt beschäftigt?

Antwort: Eine Einschränkung auf bestimmte Tätigkeiten lässt sich bei den hier atypisch Beschäftigten nicht feststellen; unter ihnen befinden sich u. a. Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Musikschullehrerinnen und-lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Ärztinnen und Ärzte, Sozialarbeiterinnen und –arbeiter, Gärtnerinnen und Gärtner und technische Beschäftigte.

3. In welchen Bereichen des Bezirksamts werden wie viele Menschen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen angestellt (bitte nach Ämtern und Fachbereichen aufschlüsseln)?

Antwort: Zum Stichtag 12.3.2020 befanden sich 79 Beschäftigte in einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden. Ferner existierten 61  befristete Arbeitsverhältnisse.

Die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

16

Jugendamt

16

Gesundheitsamt

17

Bürgerdienste

7

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

7

SE FinPers

7

SE FM

4

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

1

Stadtentwicklungsamt

2

Umwelt- Naturschutzamt

1

Ordnungsamt

0

 

Die vorgenannten befristeten Arbeitsverhältnisse gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

13

Jugendamt

6

Gesundheitsamt

8

Bürgerdienste

2

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

4

SE FinPers

15

SE FM

0

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

9

Stadtentwicklungsamt

2

Umwelt- Naturschutzamt

1

Ordnungsamt

0

 

4. Wie haben sich diese Zahlen in den letzten fünf Jahren jeweils entwickelt (Stand zum jeweiligen 31.12. des Jahres)?

Antwort: Zum Stichtag 31.12.2019 befanden sich 74 Beschäftigte in einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden.

Ferner existierten 59 befristete Arbeitsverhältnisse.

Die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

19

Jugendamt

15

Gesundheitsamt

14

Bürgerdienste

8

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

6

SE FinPers

4

SE FM

4

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

1

Stadtentwicklungsamt

2

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

0

 

Die vorgenannten befristeten Arbeitsverhältnisse gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

10

Jugendamt

6

Gesundheitsamt

7

Bürgerdienste

4

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

4

SE FinPers

14

SE FM

0

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

8

Stadtentwicklungsamt

3

Umwelt- Naturschutzamt

2

Ordnungsamt

0

 

Zum Stichtag 31.12.2018 befanden sich 81 Beschäftigte in einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden.

Ferner existierten 58 befristete Arbeitsverhältnisse.

Die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

20

Jugendamt

19

Gesundheitsamt

16

Bürgerdienste

7

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

5

SE FinPers

6

SE FM

3

Schul- und Sportamt

2

Straßen- und Grünflächenamt

1

Stadtentwicklungsamt

2

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

0

 

Die vorgenannten befristeten Arbeitsverhältnisse gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

10

Jugendamt

8

Gesundheitsamt

3

Bürgerdienste

1

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

6

SE FinPers

17

SE FM

1

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

6

Stadtentwicklungsamt

2

Umwelt- Naturschutzamt

1

Ordnungsamt

2

 

Zum Stichtag 31.12.2017 befanden sich 102 Beschäftigte in einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden.

Ferner existierten 75 befristete Arbeitsverhältnisse.

Die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

25

Jugendamt

23

Gesundheitsamt

18

Bürgerdienste

8

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

7

SE FinPers

5

SE FM

3

Schul- und Sportamt

3

Straßen- und Grünflächenamt

1

Stadtentwicklungsamt

6

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

3

 

Die vorgenannten befristeten Arbeitsverhältnisse gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

12

Jugendamt

10

Gesundheitsamt

7

Bürgerdienste

6

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

16

SE FinPers

11

SE FM

0

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

4

Stadtentwicklungsamt

6

Umwelt- Naturschutzamt

2

Ordnungsamt

0

 

Zum Stichtag 31.12.2016 befanden sich 114 Beschäftigte in einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden.

Ferner existierten 47 befristete Arbeitsverhältnisse.

Die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

28

Jugendamt

23

Gesundheitsamt

17

Bürgerdienste

8

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

8

SE FinPers

6

SE FM

6

Schul- und Sportamt

3

Straßen- und Grünflächenamt

4

Stadtentwicklungsamt

8

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

3

 

Die vorgenannten befristeten Arbeitsverhältnisse gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

11

Jugendamt

12

Gesundheitsamt

2

Bürgerdienste

7

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

3

SE FinPers

3

SE FM

0

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

3

Stadtentwicklungsamt

5

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

0

 

Zum Stichtag 31.12.2015 befanden sich 129 Beschäftigte in einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden. Ferner existierten 50 befristete Arbeitsverhältnisse.

Die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

32

Jugendamt

26

Gesundheitsamt

15

Bürgerdienste

11

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

9

SE FinPers

5

SE FM

7

Schul- und Sportamt

2

Straßen- und Grünflächenamt

5

Stadtentwicklungsamt

10

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

7

 

Die vorgenannten befristeten Arbeitsverhältnisse gliedern sich wie folgt auf:

Bereich

Anzahl

Amt für Weiterbildung und Kultur

10

Jugendamt

10

Gesundheitsamt

5

Bürgerdienste

0

Amt für Soziales einschl. Jobcenter

4

SE FinPers

2

SE FM

1

Schul- und Sportamt

1

Straßen- und Grünflächenamt

5

Stadtentwicklungsamt

7

Umwelt- Naturschutzamt

0

Ordnungsamt

5

 

5. Welchen Vorteil sieht das Bezirksamt in der Anwendung von atypischen Beschäftigungsverhältnissen im Bezirksamt?

Antwort: Ein beachtenswerter Vorteil liegt darin, dass dadurch - anders als vielerorts in der Privatwirtschaft - den diversen Wünschen der Beschäftigten insbesondere nach einer Teilzeitbeschäftigung nachgekommen werden kann. In diesem Zusammenhang hat in der Vergangenheit auch die Ermöglichung von Altersteilzeitarbeit eine wichtige Rolle gespielt.

Dies kann Grundlage sein für mehr Arbeitszufriedenheit und Motivation, für eine bessere Work-Life-Balance und auch der Vermeidung von Personalabgängen dienen. Durch all dies profitiert auch der Arbeitgeber.

Selbst ein befristetes Arbeitsverhältnis birgt Positives, wenn dadurch z. B. bei Trainees die Voraussetzungen für eine spätere Übernahme in ein Beamtenverhältnis geschaffen werden können.

Abgesehen von den Arbeitsverträgen mit Trainees werden im Übrigen hier nur noch befristete Arbeitsverträge mit Sachgrund geschlossen.

6.a. Kann das Bezirksamt garantieren, dass von von ihm beauftragten, externen    Firmen atypische Beschäftigungsverhältnisse, vor allem im Niedriglohnbereich, nicht angewendet werden?

Antwort: Öffentliche Aufträge werden durch das Bezirksamt in Anwendung des geltenden Vergaberechts vergeben. Hierunter fällt auch die Anwendung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG). Gem. § 1 BerlAVG a.F. wurden bisher Aufträge ab einem geschätzten Auftragswert von 500 € netto nur an Firmen vergeben, die sich mit Angebotsabgabe verpflichteten, Mindestentgelte nach dem Mindestlohngesetz, die tarifvertraglich vereinbarten Stundensätze sowie die gesetzlich vereinbarten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen (Einhaltung der "Tariftreue" und der Mindestentlohnung).

Mit Inkrafttreten der Neufassung des BerlAVG zum 01.05.2020 bleiben die Regelungen hinsichtlich Mindestentlohnung und Tariftreue bestehen, jedoch gilt der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes nunmehr generell bei Bauleistungen ab einem geschätzten Auftragswert von 50.000 € netto, bei Liefer- und Dienstleistungen ab einem geschätzten Auftragswert von 10.000 €. Die Wertgrenze für Liefer- und Dienstleistungen gem. § 18 BerlAVG n.F. bis 01.03.2022 und danach alle 5 Jahre evaluiert.

Die Kontrolle der Einhaltung der Entlohnungsregelungen erfolgt stichprobenartig durch die öffentlichen Auftraggeber, konkret durch die zentrale Kontrollgruppe bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

Eine Garantie ist damit nicht verbunden, da die Einhaltung der genannten vertraglichen Vereinbarung im Verantwortungsbereich der Unternehmen liegt und die Kontrolle durch die öffentlichen Auftraggeber wie benannt nur stichprobenartig erfolgt. Sollte die Firma gegen die vertraglichen Vereinbarungen verstoßen, kann ein zeitlich befristeter Ausschluss von Vergabeverfahren des Landes Berlin zur Sanktionierung des Verstoßes erfolgen, so dass hier ein Regulativ vorhanden ist.

b. Wenn nein, warum nicht?

Antwort: Siehe Antwort unter 6.a.

7. Mit welchen Versuchen, atypische Beschäftigungsverhältnisse in Teilen des Bezirksamts einzuführen, ist das Bezirksamt gegenüber dem Betriebsrat in dieser Wahlperiode gescheitert?

Antwort: Grundsätzlich ist zu bemerken, dass ein Betriebsrat entsprechend den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes im öffentlichen Dienst nicht existiert. Nach den Regeln des Landespersonalvertretungsgesetz Berlin besteht ein Personalrat neben der Schwerbehindertenvertretung nach dem SGB IX bzw. der Frauenvertreterin nach dem Berliner Landesgleichstellungsgesetz. Alle personellen Maßnahmen werden je nach Beteiligungsrechten mit den Beschäftigtenvertretungen erörtert. Wie unter 5. ausgeführt sieht der Bezirk durchaus Vorteile in diesen Beschäftigungsverhältnissen. Diese Einschätzung wird im Rahmen der Beteiligungsrechte von den Beschäftigtenvertretungen nicht verneint.

8. Wie positioniert sich der Personalrat generell gegenüber dem Bezirksamt zu atypischen Beschäftigungsverhältnissen?

Antwort: s. Antwort zu 7.

9. Wird sich das Bezirksamt dafür einsetzen, dass atypische Beschäftigungsverhältnisse in seinen Reihen gänzlich abgeschafft werden?

Antwort: Die gänzliche Abschaffung atypischer Beschäftigungsverhältnisse kommt unter Berücksichtigung meiner Ausführungen zu Frage 5 schon deshalb nicht in Betracht, weil nach § 10 des Landesgleichstellungsgesetzes das Interesse der Beschäftigten an flexibler, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittener Gestaltung der Arbeitszeit sowie familienfreundlicher Rahmenbedingungen berücksichtigt werden soll.

Dort wird gleichzeitig einschränkend geregelt, dass Teilzeitarbeitsverhältnisse unterhalb der Grenze des § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch in der Regel nicht begründet werden. Ausnahmen sind bei Einstellungen in befristete Arbeitsverhältnisse für eine Dauer von nicht mehr als drei Monaten zulässig.

Ferner sind ohnehin geringfügig Beschäftigte im Sinne von § 8 Absatz 1 Nr. 2 SGB IV vom Geltungsbereich des im Land Berlin Anwendung findenden Tarifrechts ausgeschlossen.

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