Leben retten! Sanierung und Finanzierung der Berliner Bäder
1. Was bedeutet es konkret für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg, wenn aufgrund von Personalnot und Investitionsstau im Sommer keine einzige Schwimmhalle mehr geöffnet ist?
Vorbemerkung des Bezirksamts: Wie bereits mehrfach in der BVV und auch im Sportausschuss mitgeteilt, ist das Bezirksamt nicht für die Wasserversorgung und Hallenzeiten der Berliner Bäder zuständig, sondern allein die Berliner Bäder-Betriebe. Darüber hinaus ist bekannt, dass die Berliner Bäder-Betriebe am 08.04.2025 im Sportausschuss zu Gast sein werden und dort die Möglichkeit besteht, zielgerichtet Fragen zu stellen.
Vor diesem Hintergrund wird das Bezirksamt entsprechende Anfragen zu den Bädern, für die es nicht zuständig ist, künftig nicht mehr beantworten und keine Zuarbeiten einholen, sondern die Fragestellenden an die zuständigen Berliner Bäder-Betriebe verweisen. Das Bezirksamt hat zu dieser Großen Anfrage aber nochmal eine Abfrage an die Berliner Bäder-Betriebe gestellt und nachfolgende Antworten erhalten, die noch einmal vorgetragen werden.
Ich danke auch der Abteilung Jugend und Gesundheit von Herrn Schworck für die Zuarbeit zu Frage 7.
Antwort auf Frage 1: Die zuständigen Berliner Bäder-Betriebe teilen hierzu mit, dass nahezu in ganz Berlin die Hallenbäder im Sommer geschlossen werden, dies hat zum einen den Grund, dass in diesen Schließzeiten wichtige Wartungs- und Reparaturarbeiten ausgeführt werden, aber auch weil das Personal für den Betrieb der Sommerbäder benötigt wird. Grundsätzlich ist die Nachfrage nach Hallenbädern im Sommer eher gering. Für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg steht das Sommerbad Mariendorf zur Verfügung oder alternativ das Kombibad Gropiusstadt im Bezirk Neukölln. Grundsätzlich liefern die BBB die vom Land Berlin bestellte „Wasserzeit“. Eine Ausweitung des Betriebes von Bädern würde einen höheren konsumtiven Zuschuss erfordern.
2. Wie ist es überhaupt noch zu schaffen, dass die dem Land Berlin 2022 für die Sanierung des Kombibades Mariendorf zugesagten Bundesmittel von 6 Mio. € und die vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am 26.6. 2024 in SIWA bereitgestellten Mittel für das Ankogelbad nicht verfallen, wenn die Bundesmittel bis 2027 nicht verbaut sind, was wird konkret getan?
Antwort auf 2. Frage: Hierzu teilen die Berliner Bäder-Betriebe mit, dass die BBB auf Basis der vorliegenden Informationen zur Struktur der Finanzierung für Sanierungen und Neubauten die Auswirkungen auf die bisherigen Planungen und das Bäderportfolio prüfen. Anschließend werden die Ergebnisse dem Aufsichtsrat vorgelegt. Die Vorhabenplanung der BBB muss dabei das Zusammenspiel aller Bäder bei der Versorgung der Stadt Berlin mit Wasserflächen berücksichtigen. Konkrete Auskünfte zu einzelnen Vorhaben können wir erst nach Abschluss der Prüfungen mitteilen.
3. Wie schwerwiegend sind die baulichen Mängel in den Bädern des Bezirks (z. B. durchgerostete Rohre, offene Baulöcher)? Bitte einzeln auflisten.
Antwort 3: Von den Berliner Bäder-Betrieben wurde dazu mitgeteilt, dass die Hallen entsprechend ihrer jeweiligen Nutzungsdauer beansprucht und in einem „mittleren“ Zustand sind. Instandhaltungsarbeiten erfolgen regelmäßig und in Abhängigkeit der konsumtiven Zuschüsse. Es gibt offene Leistungen mit verschiedenen Schweregraden, deren Summe weit über das jährlich für Instandhaltung zur Verfügung stehende Budget hinausgeht. Die Abarbeitung erfolgt nach BBB-interner Priorisierung, die insbesondere die Verkehrssicherheit und die Vermeidung ungeplanter Ausfälle berücksichtigt. Die Priorisierung erfolgt berlinweit und nicht nach Bezirken.
4. Weshalb gibt es keinen Sanierungsplan, der transparent und partizipativ bzw. nach Dringlichkeit eine Ertüchtigung für die völlig maroden Bäder vorsieht?
Antwort zur 4. Frage: Die Berliner Bäder-Betriebe antworten hierzu, dass es grundsätzlich zwei Planungsebenen gibt: „Maßnahmen zum Erhalt der Bäder“ (siehe Frage 3: dies umfasst Wartung und Instandhaltung) und den „Vorhabenplan“. Die Vorhabenplanung erfolgt strategisch und operativ (aktuell bis 2030). Die Vorhabenplanung beinhaltet große Sanierungsvorhaben mit in der Regel längeren Schließzeiten und Neubauten. Hinsichtlich der Prioritäten folgt die Vorhabenplanung den vom Aufsichtsrat bestätigten „Strategischen Leitlinien“ der BBB. Die Vorhabenplanung wird jährlich vom Aufsichtsrat festgestellt. Für eine Umsetzung jedes einzelnen Vorhabens ist dann die Sicherstellung der Finanzierung sowie ein Einzelabschluss des Aufsichtsrates erforderlich. Der Status der Vorhaben wird regelmäßig mit Vertretern des LSB, des BSV und der Regionalen Beiräte beraten. Aktuell erfolgt vor dem Hintergrund der reduzierten Mittelverfügbarkeit eine vollständige Überarbeitung der Vorhabenplanung (siehe Frage 2).
5. Welche Schritte plant der Bezirk konkret, um Druck auf den Senat und die Berliner Bäder-Betriebe auszuüben?
Antwort zur 5. Frage: Das Bezirksamt steht in regelmäßigem Austausch mit den zuständigen Berliner Bäder-Betrieben, um sich für Wasserzeiten und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie Schwimmvereine einzusetzen.
6. Werden eine Kern-Sanierung dringend benötigter Schwimmbäder der kritischen Schwimm-Infrastruktur und kostengünstiger Baukasten-Schwimmhallen für Schulschwimmen und Lebensrettung gegenüber Wasserball und Außenbädern priorisiert, falls nein, welche Rolle spielen Lobbyverbindungen bei den Verzögerungen oder Priorisierung Entscheidungen?
Antwort zur 6. Frage: Die Berliner Bäder-Betriebe teilen hierzu mit, dass sich die Entscheidungen der BBB stets an den rechtlichen und strategischen Rahmenbedingungen aus z. B. BBBG (Gesetz über die Anstalt öffentlichen Rechts Berliner Bäder-Betriebe, Bäder-Anstaltsgesetz), Nutzungssatzung der BBB und strategischen Leitlinien richten. Die oberste Priorität hat die Sicherstellung des obligatorischen Schulschwimmunterrichts.
7. Welche Folgen hat die, auch aktuell in einer Unterschriftensammlung beklagte, fehlende Schwimmbad-Infrastruktur für die das Schwimmenlernen von Schulkindern, die Ausbildung von Rettungsschwimmer:innen und die Gesundheit der Menschen im Bezirk?
Antwort zur 7. Frage: Die Berliner Bäder-Betriebe melden zu dieser Frage zurück, dass der Schwimmunterricht für den Bezirk trotz der derzeit knappen Wasserflächen sichergestellt werden kann. Auch für die Vereine wurden Interimslösungen gefunden. Dies funktioniert nur überbezirklich und dank der Kooperationsbereitschaft anderer Nutzer in den Ausweichbädern.
Das Gesundheitsamt teilt hierzu zudem Folgendes mit: Grundsätzlich sind die Gewöhnung an das Wasser und der Erwerb der Schwimmfähigkeit in jungen Jahren für die Sicherheit und die Gesundheitsförderung von Kindern von entscheidender Bedeutung – und zwar nicht nur hier im Bezirk. Ohne wohnortnahen Zugang zu Schwimmbädern wird Kindern die Möglichkeit verwehrt oder zumindest erheblich erschwert, überhaupt schwimmen zu lernen und sich durch regelmäßiges Training zu sicheren Schwimmer_innen zu entwickeln. Steigt der Anteil der Nichtschwimmer_innen, erhöht sich das Unfallrisiko im Wasser.
Wenn Kinder nicht schwimmen können, führt das in der Regel auch zu einer verminderten Lebensqualität und Teilhabe der Kinder. Schwimmen zu lernen und (in der Gruppe) einzuüben, fördert das Selbstvertrauen, die motorischen Fähigkeiten und die soziale Integration der Kinder. Bewegung im Wasser fördert darüber hinaus in allen Altersgruppen die allgemeine Gesundheit. Schwimmen unterstützt die Ausdauer, stärkt das Herz-Kreislauf-System und schont die Gelenke.
Schwimmen eröffnet daher insbesondere älteren Menschen oder Menschen mit gesundheitlichen Erkrankungen eine wichtige Möglichkeit zur körperlichen Betätigung. Eine mangelnde Schwimmbadinfrastruktur führt dazu, dass viele Menschen diese gesundheitlichen Vorteile nicht nutzen können, was zu einem Anstieg von Bewegungsmangel und damit verbundenen Krankheiten führen kann.
8. Wie hoch ist der Anteil der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen in Tempelhof-Schöneberg, die nach Abschluss der Grundschule nicht gelernt haben zu schwimmen?
Antwort zur 8. Frage: Diese Frage kann nicht beantwortet werden. Die abgefragten Daten liegen weder dem Schul- und Sportamt noch der regionalen Schulaufsicht vor. Auch den Berliner Bäder-Betrieben liegen hierzu keine Zahlen vor.
Die Antwort erfolgte durch Bezirksstadtrat Tobias Dollase.