Baumschutz in Tempelhof-Schöneberg - mehr Schein als Sein?

Große Anfrage, Drs. 2078/XX (Fraktion DIE LINKE)

1. Frage: 

Wie entwickelte sich das Baumsaldo (gefällte zu neugepflanzten Bäumen) in Tempelhof-Schöneberg seit 2017?

Eine Statistik zu den Grünanlagenbäumen wird nicht geführt. Aktuell gibt es im Bezirk 26.822 Bäume in Grünanlagen, Schulen, Friedhöfen, Spiel- und Sportplätzen.

Für die Straßenbäume liegen Daten zum Vergleich mit dem Stand 31.12.2019 vor. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Bezirk 35.054 Straßenbäume. Stand Anfang März 2021 gibt es 35.051 Straßenbäume.

 

2. Frage:

Aus welchen Gründen werden Bäume im Bezirk gefällt und wie schlüsseln sich die Fällungen 2020 auf diese auf?

Bäume werden auf Grund von Baumaßnahmen Dritter, wie z.B. der Leitungsbetriebe, des Bezirks und wegen Krankheiten gefällt, wenn die Bäume nicht mehr standsicher sind oder weil Sie bereits komplett abgestorben sind. In den letzten Jahren mussten zunehmend Baumfällungen wegen Trockenschäden gefällt werden. Die drei trockenen Sommer der letzten Jahre haben zu einer hohen Anzahl zu fällender Bäume geführt. Diese Auswirkungen des Klimawandels betreffen das ganze Land. 2020 wurden im Bezirk 1025 Bäume gefällt, davon 27 wegen Bauvorhaben (Gehwegüberfahrten 6, Sonstige Bauvorhaben 12, Leitungsbau 9). Die Baumschutzkommission wird hierüber laufend informiert.

 

3. Frage:

Wie viele Einwendungen von Anwohnenden an Bezirksamt gab es im Jahr 2020 gegen Baumfällungen?

Antwort zur 3. Frage:

Dazu gibt es keine Statistik. Baumfällungen erfolgen ausschließlich aus den oben genannten Gründen. Die meisten Beschwerden richten sich gegen Pflegeschnitte ( Stichwort „Eiben“), die im Rahmen von Bürgerbeteiligungen sowohl projektspezifisch erläutert werden, als auch durch Informationen zur fachgerechten Pflege und Verjüngung auf den Seiten des Grünflächenamtes in ihrer fachlichen Zielstellung und Bedeutung vermittelt werden.

 

4. Frage:

Wie viele der im Jahr 2020 im Bezirk neu gepflanzten Bäume entstammten der landesweiten Stadtbaumkampagne, wie viele der Pflanzung durch das Bezirksamt?

Antwort zur 4. Frage

Es wurden 624 Bäume gepflanzt. Davon wurden 151 durch die Stadtbaumkampagne gepflanzt.

 

5. Frage:

Wie entwickelt sich der Personalbestand im bezirklichen Grünflächenamt, um Pflanzungen durch den Bezirk zu forcieren?

Antwort zur 5. Frage:

Im FB Grünflächen wurde die Baumkolonne in den letzten Jahren personell verstärkt, so dass die Jungbaumpflege besser organisiert werden kann. Für den Bürobereich ist aktuell keine weitere Ingenieursstelle geplant. Abhängig von den Ergebnissen der Kosten-und Leistungsrechnung und den Haushaltsberatungen wäre es wünschenswert, auch für das Thema „Ausschreibungen von Baumpflanzungen“ eine weitere Stelle vorzusehen.

 

6. Frage:

Wie positioniert sich das Bezirksamt zum Berliner Baumreport des BUND und dessen Forderung nach einem Frühjahrsdienst zur Wässerung und Düngung der Bäume zum Laubaustrieb?

Antwort zur 6. Frage:

Derzeit werden knapp 1.000 Bäume die sich noch in der Pflege befinden ca. 10 mal pro Jahr gewässert. Darüber hinaus werden ca. 1.500 weitere ‚ältere Jungbäume‘ durch Firmen 5 – 6 mal pro Jahr gewässert. Der Aufwand Bäume ab einem Standalter von 15 oder 30 Jahren nachhaltig zu wässern und düngen ist nicht einschätzbar. Eine Bewässerung und Düngung aller Straßen- und Grünanlagenbäume erscheint derzeit als isolierte Maßnahme weder ökologisch sinnvoll noch ökonomisch machbar.

Die dramatische Situation der Straßenbäume, auf die der Bericht sich bezieht, ist dem Bezirksamt klar vor Augen.

Vordringliches Ziel ist der Erhalt aller Bäume sowie das verstärkte Umsetzen von Neupflanzungen. Dennoch muss auch festgehalten werden, dass insbesondere die Straßenbäume häufig auf Extremstandorten stehen. Hitze, Streusalz, Hundeurin, verdichtete Böden, mangelnde Bodenfeuchte, Tiefbauarbeiten usw. sorgen verstärkt für Pflanzenkrankheiten, Trockenstress, Wurzelschäden und mangelnde Vitalität. Die Lebensdauer eines Straßenbaumes ist daher kürzer als in der freien Natur. Haben holzzerstörende Pilze erst einmal den Baum befallen, ist der Abbau nicht mehr aufzuhalten. Hier ist abzuwägen, ob sie aus Verkehrssicherungsgründen gefällt werden müssen, um dann bei der Neupflanzung von Anfang an bessere Standortbedingungen und auch durch bessere Durchmischung von Arten zu schaffen.

Allein eine Frühjahrsbewässerung reicht nicht aus, um die Straßenbäume nachhaltig zu schützen und zu entwickeln. Parallel sind bessere Baumscheiben, die Sicherung des Grundwasserstandes und auch das Pflegebudget entscheidend für die Zukunft der Straßenbäume. Deshalb hat sich das Bezirksamt sowohl bei der Entwicklung des Handbuchs guter Pflege intensiv engagiert, als auch bei der Zielvereinbarung Baumpflege und bei den Verhandlungen zur Budgeterhöhung für die Baumpflege auf Landesebene. Hier waren wir sehr erfolgreich und sind nunmehr in der Lage, fast doppelt so viel Geld in die Baumpflege zu investieren wie vorher.

 

7. Frage:

Welchen Wert bemisst das Bezirksamt - auch unter dem Eindruck der Maßnahmen im Alten und im Lehnepark - die Schutzwürdigkeit älterer Bäume (v.a. in Bezug auf den Klimaschutz und das Stadtklima) ein?    

Antwort zur 7. Frage:

Die Schutzwürdigkeit alter Bäume ist gemäß der Baumschutzverordnung gesetzlicher Auftrag des Grünflächenamtes und uns entsprechend der oben dargelegten Aktivitäten zum Erhalt von Bäumen ein hohes Anliegen.

Mit Bezug auf die im Rahmen von BENE stattfindenden Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen im Alten Park und im Lehnepark möchte ich festhalten, dass weder im Lehnepark noch im Alten Park überhaupt geschützte Bäume gefällt wurden.

Es handelte sich um 51 Eiben im Lehnepark und um 49 Eiben im Alten Park, die zurückgeschnitten wurden. Diese Rückschnitte dienen der Verjüngung der Sträucher selbst und der ökologischen Strukturverbesserung. Eiben säen sich selbst aus und sind von ursprünglich 2 gepflanzten Sträuchern auf über 300 Exemplare in den beiden Parken angewachsen. Sie haben die Strauchschicht massiv verschattet und damit auch die ökologische Strukturvielfalt verarmen lassen. Mit dem BENE Projekt werden nun Neupflanzungen von hohem ökologischen und ästhetischen Wert durchgeführt: 

Neupflanzungen Lehnepark:

*          7 Obstbäume (alte Obstsorten) und 3 Stk Laubbäume am Wilhelmsteich (Weiden, Ulme)

*          97 Stk heimische Großsträucher (Vogelnährgehölze/Bienenweiden)

*          460 Stk niedrige Sträucher (Weidengewächse, Uferbepflanzung)

*          10-tausende bodendeckende Pflanzen und Stauden

 

Neupflanzungen Alter Park:

*          2 Stk Laubbäume (Weiden) am Ufer des Klarensee

*          23 Stk heimische Großsträucher (Vogelnährgehölze/Bienenweiden)

*          Pflanzung Rosengarten 80 Rosen diverse Sorten

*          zig tausende bodendeckende Pflanzen und Stauden

 

Bezirksstadträtin Christiane Heiß