Obdachlosen-Sommerhilfe in Tempelhof-Schöneberg?

Mündliche Anfrage der Bezirksverordneten Dr. Christine Scherzinger (LINKE)

1. Ist es zutreffend, dass Stadtrat Steuckardt die Einrichtung einer Pandemie-
Sommerhilfe in den Räumen der Kältehilfe in der Kurmärkischen Straße
prüft?

Gern bestätige ich Ihnen ein entsprechendes Angebot an die zuständige
Senatsverwaltung.

2. Inwieweit sind diesbezügliche Überlegungen gediehen?

Seit November 2021 betreibt der Bezirk Tempelhof-Schöneberg gemeinsam mit
dem Internationalen Bund als Träger eine Kältehilfeeinrichtung für 30 Personen
im Kurfürstenkiez in Schöneberg. Das Projekt war zunächst lediglich für die
Kältehilfesaison 2021/2022 angelegt und ist bereits jetzt ein großer Erfolg.
Die Kältehilfe hat in dem durch Prostitution und Drogenmissbrauch geprägten
Kiez zu einer spürbaren Entspannung beigetragen. Konflikte zwischen
Anwohnern und Obdachlosen, die zuvor unter menschenunwürdigen Zuständen
in Hausfluren und Kellern nach Unterschlupf suchen mussten, konnten befriedet
werden und die Nachbarschaft beteiligt sich mit Spenden aktiv am Gelingen der
Kältehilfe.

Die Einrichtung ist sehr zentral in einem ehemaligen Dienstgebäude des
Bezirksamts in der Kurmärkischen Straße untergebracht, welches ursprünglich im
Sommer 2022 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden sollte. Die
Umsetzung dieses Vorhabens verzögert sich jedoch.
Dieser Umstand ist einerseits für alle Beteiligten eine Herausforderung,
andererseits bietet sich dadurch auch eine Chance für die Versorgung
obdachloser Menschen in der Pandemie. Denn im Zeitraum zwischen den
Kältehilfesaison 21/22 und der Kältehilfesaison 22/23, in der wir das Gebäude
gern wieder für Kältehilfe nutzen würden, ist in den Räumlichkeiten derzeit noch
keine konkrete Nutzung vorgesehen.

Vor dem Hintergrund einer an die Bezirke gerichteten Bitte um Unterstützung mit
Raumkapazitäten von Frau Senatorin Kipping in der RdB-Sitzung am 17. Februar
2022 (schriftlich vorab) habe ich mir daher erlaubt, mit Schreiben vom
14. Februar 2022 an die Senatorin, um einen Austausch mit SenIAS zu bitten.

Denn in der Corona-Pandemie benötigen obdachlose Menschen in besonderer
Weise Schutz und Unterstützung. Die Einrichtung verfügt neben
Schlafmöglichkeiten für 30 Personen, einer Küche, einem Speisesaal und einer
barrierefreien Toilette auch über eine Dusche und wäre daher ideal geeignet, um
im Rahmen einer einmaligen „Pandemie-Sommerhilfe“ die Not obdachloser
Menschen zu lindern.

Im Rahmen dieses Schreiben habe ich darauf hingewiesen, dass keine
bezirklichen Mittel für eine derartige Unterstützung zur Verfügung stehen, der
Bezirk lediglich mit der Bereitstellung der Räume gern einen Beitrag leisten
würde. Die zuständige Senatsverwaltung wäre somit als „Herrin des
Verfahrens“ zu betrachten.

 

Zusatzfragen:

1. Wann plant der Stadtrat, mit einem entsprechenden Konzept beim Senat
vorstellig zu werden?

Sofern Ihre Frage so zu interpretieren ist, dass Sie sich nach dem aktuellen
Sachstand der Erarbeitung eines Konzepts incl. Kostenkalkulation erkundigen, so
kann ich Ihnen berichten:
Das freundliche Antwortschreiben von Herrn Staatssekretär Fischer, in dem er für
das Angebot des Bezirks dankt und ein Grobkonzept wie eine Kostenschätzung
erbittet, erreichte mich am 7. März 2022. Es wurde zeitnah an den aktuellen
Betreiber der Kältehilfeeinrichtung weitergeleitet, da nur dieser verlässlich den
erforderlichen Personaleinsatz sowie die entstehenden Kosten kalkulieren kann.
Eine Rückmeldung liegt bislang nicht vor und aufgrund der aktuellen Situation
durch den Angriffskrieg auf die Ukraine und dem damit einhergehenden Zustrom
schutzsuchender Menschen – auch hier leistet angefragte Organisation einen
wesentlichen Beitrag – wurde bisher von einer Nachfrage abgesehen.

2. Welche weiteren Maßnahmen (Wachschutz, Nachtbürgermeister), die die
Situation in der Bülowstraße 94 entspannen können, werden im Bezirksamt
geprüft bzw. werden entsprechende Schritte konkret vorbereitet?

Ich danke Herrn Bezirksbürgermeister Oltmann wie der Abteilung Finanzen,
Personal, Wirtschaftsförderung, Beauftragte und Sozialraumorientierte
Planungskoordination für die Zuarbeit und kann Ihnen berichten:
Die Liegenschaft in der Bülowstraße 94 gehört dem kommunalen
Wohnungsunternehmen Gewobag.

Alle Sicherheitsvorkehrungen an und in dem Haus können daher nur von der Gewobag durchgeführt werden.

Die Gewobag hat in mehreren Gesprächen mit dem Bezirksamt und in der schriftlichen Anfrage
des Abgeordnetenhauses von Berlin 18/28271 versichert, dass verschiedene
Sicherheitsmaßnahmen am Haus durchgeführt werden, unter anderem ein
Austausch der Schließanlage und bessere Beleuchtung. Darüber hinaus hat die
Gewobag einen temporären Wachschutz eingesetzt. Für eine Fortführung des
Wachschutzes ist die Gewobag zuständig.

Das Bezirksamt ist mit der Polizei im Austausch, um die Situation im Umfeld der
Bülowstraße 94 zu verbessern: Die Polizei kontrolliert häufiger den Abschnitt und
setzt verstärkt die mobile Wache im Kiez ein.

Eine Möglichkeit die Situation in der Bülowstraße durch den Nachtbürgermeister
zu entspannen, wird nicht gesehen: Das Projekt Team Nachtbürgermeister im
Regenbogenkiez ist konzeptionell angelegt und soll die touristische Entwicklung
in Einklang mit der Anwohner_innenschaft voranbringen. Zudem betreibt das
Team Nachtbürgermeister einen Info-Punkt auf dem Spielplatz Eisenacher- Ecke
Fuggerstraße und ist dort Ansprechpartner für Besucher_innen des Kiezes und für
Anliegen aus der Nachbarschaft.

Eventuell zielt die Frage jedoch auf das Projekt Nachtlichter ab. Diese sind in den
Nachtstunden an den Wochenenden als Konfliktlotsen im Regenbogenkiez im
Einsatz. Die Nachtlichter stellen aber keinen Sicherheitsdienst dar. Da in der
Winterzeit Kapazitäten zur Verfügung standen, wurde in Absprache mit dem
beauftragten Träger und der Referentin Sexarbeit versuchsweise eine
Ausweitung der Rundgänge auf den Bereich Kurfürstenstraße, Bülowstraße,
Kurmärkische Straße vereinbart.

Bislang gab es keine Vorkommnisse. Eine Auswertung der Versuchsphase steht

noch aus. Eine Fortführung ist abhängig von den Bedarfen bei steigenden
Besuchszahlen im Regenbogenkiez.