Gemeinsamer Antrag SPD, GRÜNE: Eine Gedenktafel für die Schöneberger Widerstandskämpferin Hedwig Neumann

Elisabeth Wissel

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die BVV ersucht das Bezirksamt, an der Freifläche Martin-Luther- / Ecke Grunewaldstraße eine Gedenktafel zu errichten, die an die 1890 in Bickern in NRW geborene Jadwiga Kasperski, später Hedwig Neumann, erinnert. Ihren Lebensunterhalt verdiente Hedwig Neumann nach der Scheidung von dem Bauunternehmer Max Neumann durch die Vermietung von Zimmern in ihrer Schöneberger Wohnung an der Martin-Luther-Straße 24 (heute 74). Als der Krieg 1939 begann, nimmt sie dort zahlreiche in Not geratene Menschen polnischer Herkunft auf und wird damit Teil des konspirativen Untergrunds im Kampf gegen die Nazis.

Der BVV ist bis zum Januar 2025 zu berichten.

Begründung

Im Rahmen des Projekts „Frauen im Schatten der Guillotine. Polinnen im Gefängnis Plötzensee“ gerät 2023/24 auch Hedwig Neumann, geborene Kasperski, in den Fokus.

Sie kam 1890 in Bickern im Kreis Gelsenkirchen in NRW als Tochter einer aus Polen zugewan­derten Familie zur Welt. In Opalenitza, heute Polen, damals unter preußischer Herrschaft, ging sie zur Schule und arbeitete bis 1913 im elterlichen Haushalt, bevor sie nach Berlin kam. Dort arbeitet sie als Eicherin bei der AEG, heiratete 1916 den Bauunternehmer Max Neumann, von dem sie wenige Jahre später, 1923, geschieden wurde. Sie verdiente seit 1928 ihren Unterhalt durch die Vermietung von Zimmern in ihrer Wohnung in Schöneberg. Zudem engagierte sie sich seit den 30er Jahren im „Bund der Polen in Deutsch­land”. Nach Kriegsbeginn nimmt sie in der Schöneberger Wohnung viele in Not geratene Menschen polnischer Herkunft auf.


Hedwig Neumann ist eng mit Marianne Gąszczak und den Schwestern Helena Maćkowiak und Stefanie Przybył befreundet. Die Frauen stehen in Kontakt zum polnischen Nachrichtendienst Stragan, der im Dienst der Widerstandsorganisation Związek Walki Zbrojnej (ZWZ - Verband für den bewaffneten Kampf) steht.
Hedwig Neumann wird im Oktober 1942, wahrscheinlich zuvor von einem Spitzel verraten, festgenommen und in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück eingewiesen. Nach der Festnahme ihrer Freundinnen im Herbst 1942 wird sie nach Berlin überstellt und ist ab dem 15. Juni 1943 in der Frauenabteilung des Unter­suchungsgefängnisses Berlin-Moabit inhaftiert.  Am 14. Dezember 1943 wird sie vom „Volksgerichtshof” wegen „Spionage” zum Tode ver­urteilt und am 27. Januar 1944 im Strafgefängnis Plötzensee ermordet.

Ihr Todestag jährte sich in diesem Jahr zum 80. Mal. ihr 135. Geburtstag steht am 21. September 2025 an. Dokumente und Informationen zu Hedwig Neumann finden sich u.a. im Totenbuch der Gedenkstätte Plötzensee. Es ist Zeit und sehr wichtig, dass an sie und damit auch an all die Frauen, die Widerstand leisteten und die Opfer von Nazi-Verbrechen wurden, erinnert und gedacht wird.

 

Der Antrag als Vorgang in der BVV findet sich unter diesem Link.