Keine Umgehung des Vorkaufsrechts durch Share Deals

Antrag: BV Dr. Christine Scherzinger, Fraktion DIE LINKE.

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die   BVV   ersucht   das   Bezirksamt,   ein   wirksames Verfahren   zu   entwickeln   (u.a. Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der bezirkliche Rechtsabteilung, Ansprechperson in

der Verwaltung/bzw. bezirkliche Mieterberatung benennen), um im ersten Schritt Share Deals aufzudecken, die durch Kauf von Häusern sowohl fällige Grunderwerbssteuer als auch das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten aushebeln, um dann im zweiten Schritt das bezirkliche Vorkaufsrecht anzuwenden.

Begründung:

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin konnte am 13.12.2019 (http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE190016470&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10) gegenüber einem Eigentümer, der auf Wege eines Share Deals eine Immobilie kaufte (Kauf von Gesellschaftsanteilen zu 89,9%), den Umgehungstatbestand des Vorkaufsrechts nachweisen. Diesem Beschluss des VG Berlin liegt noch eine weitere Rechtsauffassung zu Grunde, dass bei einem Share Deal ein Vorkaufsrecht der Gemeinde geben kann, wenn diese Transaktionsform der Umgehung des   gemeindlichen   Vorkaufsrechtes   diene.   Das   Gericht   verweist   dabei   auf   die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 463 BGB (bzw. § 504 BGB a.F). Das gelte insbesondere   in   Fällen   eines   „Share   Deals“:   „Die  dem   Allgemeinwohl   dienenden städtebaulichen Zwecke des gemeindlichen Vorkaufsrechts seien in Gefahr, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts umgangen werden könne. In besonderem Maße trifft das zu, wenn es – wie im vorliegenden Fall – um das Vorkaufsrecht im räumlichen Geltungsbereich einer sozialen Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB geht.“

Da bei einem Share Deal kein Negativzeugnis beim Bezirksamt beantragt werden muss, hat das Bezirksamt nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht regelmäßig Kenntnis über den Verkauf   mittels   Share   Deal.   Deswegen   könnten   aufmerksame   Mieter*innen   die Informationslücke   schließen.   Es   gibt   Indizien,   die   für   einen   anstehenden   Share   Deal sprechen, wie auffällige Besuche im Haus. Aber auch eine Hausverwaltung könnte eine Quelle für Hinweise eines bevorstehenden Share Deals sein. Daher ist es wichtig, dass die Mieter*innen öffentliche Hinweise vom Bezirksamt an die Hand bekommen, wie Indizien aussehen könnten und dass eine Stelle im Bezirksamt bzw. die bezirkliche Mietberatung für Verdachtsfälle ansprechbar ist. Wenn ein Share Deal aufgedeckt wird, wie es jüngst bei einem berlinweit bekannten Wohnungsunternehmen in Neukölln der Fall war, sollte nicht zurückgeschreckt   werden,   rechtliche   Schritte   zur   Durchsetzung   des   bezirklichen Vorkaufsrechts einzuleiten.