B-Plan 7-85 VE und Anträge zu artenschutzrechtlichen Ausnahmen
Kleine Anfrage, Harald Gindra (Linke)
Frage 1:
In wie vielen Verfahren zu Anträgen von artenschutzrechtlichen Ausnahmen der letzten 10 Jahren, hat das Bezirksamt Tempelhof Schöneberg ein Begleitschreiben eingereicht, und wer waren in diesen Fällen die Vorhabenträger*innen?
Antwort auf Frage 1:
In keinem Verfahren. Üblicherweise wird seitens des Bezirksamtes ein Antrag auf Inaussichtstellung einer Ausnahme gemäß § 45 Abs. 7 BNatschG gestellt, wenn sich im Laufe des Planaufstellungsverfahrens zeigt, dass eine Bewältigung der artenschutzrechlichen Anforderungen ohne eine solche Ausnahme nicht möglich ist.
In diesem Fall hat der Vorhabenträger nach direkter Kontaktaufnahme zur Obersten Naturschutzbehörde (ONB / Senatsverwaltung) seinerseits einen eigenen Antrag an die ONB gestellt, so dass das Bezirksamt der ONB lediglich ergänzend seine fachliche Einschätzung übersandt hat.
Denn vor der vorliegenden artenschutzrechtlichen Situation (seit mehreren Jahren verlassener Mäusebussard-Horst und Einschätzung durch den Gutachter, dass der Horst wahrscheinlich nicht wiederbesiedelt wird) befürwortet das Stadtentwicklungsamt eine Ausnahme.
Frage 2:
Was waren die Gründe für das Belgleitschreiben vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin - der Abteilung für Stadtentwicklung und Facility Management vom 21.01.2025 zum Antrag auf artenschutzrechtliche Ausnahme der Campus Schätzelberg GmbH und Co. KG vom 23.01.2025
Antwort auf Frage 2:
Bei einem Antrag auf Ausnahme vom Besonderen Artenschutz gemäß § 45 Abs. 7
Bundesnaturschutzgesetz sind die Ausnahmetatbestände darzulegen. In diesem Falle war es erforderlich, dass der Plangeber – also das Bezirksamt – das öffentliche Interesse an dem mit dem Planverfahren eröffneten Bauvorhaben darlegt (vgl. § 45 Abs. 7 Nr. 5 BNatSchG). Dies kann nicht durch den Vorhabenträger geschehen, der sein privatwirtschaftliches Interesse vertritt.
Dass dieses öffentliche Interesse besteht, hat das Bezirksamt bereits mit dem Aufstellungs-beschluss und erneut mit den frühzeitigen Beteiligungsschritten dokumentiert.
Frage 3:
Wie viele Treffen/Gespräche gab es zwischen Bezirksamt und Vertreter*innen der Vorhabenträgerin des B-Plans 7-85-VE und welche Themen wurden besprochen?
Antwort auf Frage 3:
Hierzu ist vorab zu bemerken, dass bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein bereits recht konkretes Bauvorhaben planungsrechtlich ermöglicht wird. Dies bedarf
naturgemäß engerer Abstimmungen als bei einem Angebots-Bebauungsplan ohne ein konkretes Bauvorhaben in Vorbereitung.
Zur Häufigkeit von Abstimmungsterminen wird keine Statistik geführt. Seit 2019 haben zahlreiche Treffen oder Online-Abstimmungstermine stattgefunden. Besprochen wurden u.a. die sog. "Grundzustimmung" (Übernahme der Planungskosten, Zustimmung zum "Berliner Modell"), der städtebauliche Entwurf sowie daran anschließend die Inhalte des Bebauungsplans, Beauftragung und Ergebnisse der Gutachten, der naturschutzrechtliche Ausgleich,
die verkehrliche Erschließung, der Stand des FNP-Änderungsverfahrens,
die Inhalte des Erschließungsvertrags, des Durchführungsvertrags einschließlich der Regelungen nach dem „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“ und des Grundstückstauschvertrags.
Zur Zahl der Telefonate ist ebenfalls keine Angabe möglich.
Frage 4:
Wie viele Treffen/Gespräche gab es zwischen Bezirksamt und Vertreter*innen von Anwohner*innen-Initiativen und Naturschutzverbänden, die in der frühzeitigen Beteiligung zu dem B-Plan 7-85-VE eine Stellungnahme abgegeben haben und welche Themen wurden besprochen?
Antwort auf Frage 4:
Im April/Mai 2022 gab es im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit Besuche von Anwohnern im Rathaus, bei denen Gespräche zu den Inhalten des Bebauungs-plan-Vorentwurfs, zur Notwendigkeit von Wohnungsbau und zum Naturschutz geführt wurden.
Im November 2022 gab es eine öffentliche Informationsveranstaltung in der Schätzelberg-Grundschule. Dabei wurden die Inhalte der Planung, die Ergebnisse der Gutachten (insbesondere Natur- und Artenschutz, Verkehrsprognose, Denkmalschutz) sowie Planungsalternativen besprochen.
Telefonische Nachfragen von Anwohner*innen in unregelmäßigen Abständen wurden ebenfalls beantwortet. Dabei ging es i.d.R. um den Stand des Bebauungsplanverfahrens.
Frage 5:
Ist das Bezirksamt daran interessiert, die Interessen der Anwohner und der Naturschutzverbände für den geplanten Bau auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof zu berücksichtigen?
Antwort auf Frage 5:
Ja. Die Interessen der Anwohner und der Naturschutzverbände werden in einem rechtsstaatlichen und baugesetzbuchkonformen Abwägungsprozess durch das Bezirksamt berücksichtigt.
Frage 6:
Wie stellt das Bezirksamt sicher, dass Anwohner*innen und Naturschutzverbände und die Vertreter der Vorhabenträgerin des B-Plans 7-85-VE gleichbehandelt werden?
Antwort auf Frage 6:
Sämtliche zu berücksichtigenden Interessen und Belange von Gewicht sind bei einem Bebauungsplanverfahren in die Abwägung einzustellen. Wie Belange im Rahmen der Abwägung behandelt und gewichtet werden und welche Belange ggf. zurückzustellen sind, entscheidet der Plangeber im Rahmen des geltenden rechtlichen Rahmens.
Der Plangeber - d.h. das Gremium aus Bezirksbürgermeister und den Bezirksstadträten - entscheidet im Interesse der gesamten Stadtgemeinschaft. Es ist offensichtlich, dass sich die Interessen Einzelner nicht immer mit den Interessen der Stadtgesellschaft decken. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt prägt aktuell in besonderem Maß die öffentliche Diskussion und ist daher ein Schwerpunkt der städtischen Planung.
Eine möglicherweise mit der Frage 6 geforderte "Gleichheit im Ergebnis der Abwägung" kann es in einem demokratischen System daher nicht geben. Die Gleichheit besteht darin, dass sämtliche Entscheidungen nach den gleichen demokratischen Prinzipien getroffen werden: transparent, auf Grundlage eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrens und unter Einhaltung höherrangigen nationalen und europäischen Rechts. Die Abwägung der Belange erfolgt hierbei nicht willkürlich, sondern unter Berücksichtigung aller vorliegenden Argumente und Interessen – auch der Interessen der Anwohner und der Naturschutzverbände.
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